»… sind noch in der Mache«. Zur Bedeutung der Rhetorik in Hamanns Schriften.
Bereits seit Veröffentlichung seiner Erstlingsschrift – den Sokratischen Denkwürdigkeiten 1759 – haftet Johann Georg Hamann der Vorwurf des ›dunklen Stils‹ an. Dieser begleitete ihn nicht nur zu Lebzeiten und taucht in den unterschiedlichsten Ausformung seit Erscheinen der ersten Rezension durch Moses Mendelssohn in den Literaturbriefen in sämtlichen Besprechungen seiner Schriften auf, sondern avanciert regelrecht zu einem Topos der Hamann-Lektüre und -Kritik, der bis heute unvermindert anhält und in Goethe und Hegel nur seine prominentesten Vertreter findet.
Hamann hat sich immer wieder mit Fragen der Rhetorik und der ›richtigen‹ Schreibart beschäftigt. Zahlreich nimmt er in Schriften und Briefen explizit Bezug auf den Vorwurf der Dunkelheit, rechtfertigt seine besondere Schreibart und erläutert seine Vorstellungen zum Stilbegriff. Jedoch ist es vor allem die ›Mache‹ seiner Schriften selber, die sich auf oder jenseits der Grenzen der klassischen Rhetorik bewegen und den Lesenden mit Texten konfrontieren, welche die sprachlichen Möglichkeiten individueller Darstellung und Textualität auszuschöpfen suchen. Rhetorische Mittel dienen Hamann dabei nicht als bloße Einkleidung der Gedanken, sondern sind untrennbarer Ausdruck der Eigentümlichkeit des Schreibenden und betonen die unauflösbare Spannung zwischen der Allgemeinheit der Sprache und dem individuellen Ausdrucksbedürfnis des Einzelnen.
Die Tagung verfolgt das Ziel, die Bedeutung der Rhetorik in den Schriften Hamanns in ihrer Breite genauer zu konturieren und zu diskutieren.
Programm
Donnerstag, 7. März 2019
14:00–14:30 Begrüßung durch die Veranstalter
14:30–15:15 Sabine Marienberg: Bewegliche Denkungsart und die Tatsächlichkeit der Sprache
15:15–16:00 Ulrich Gaier: Hamanns Rhetorik des Denkens
16:00–16:30 Kaffeepause
16:30–17:00 Florian Telsnig: Die Beredsamkeit der Vernunft. Hamanns leidenschaftliche Rhetorik der Kritik
17:00–17:45 Christian Sinn: »Heil dem Erzengel über die Reliquien der Sprache Kanaans«. Hamanns Rhetorik im Kontext einer Allgemeinen Wissenschaftstheorie
17:45–18:30 Joachim Ringleben: Hamanns Michaelis-Rezension (1764)
20:15–21:45 Öffentlicher Abendvortrag: Eckhard Schumacher: Die Ironie der Unverständlichkeit
Freitag, 8. März 2019
9:00–9:45 Roland Reuß: Schreiben für Schwimmer. Zu Hamanns Textproduktion
9:45–10:30 Hans Graubner: »Stil«, »Anti-Stil« und »stilus atrox«. Zu Hamanns Stil, Stilbegriff und Theologie des Stils
10:30–11:15 Ildikó Pataky: Etwas über die Physiognomie des Stils
11:15–11:45 Kaffeepause
11:45–12:30 Anja Kalkbrenner: »Junker«, »Chineser« und »Schullehrer«: Persona und modus persuadendi bei Hamann
12:30–13:15 Peter Klingel: Ars punica. Zur Bedeutung des Wortspiels für die »panische Schreibart« Hamanns
13:15–14:30 Mittagspause
14:30–15:15 Gideon Stiening: Epistolarität als Reflexions- und Darstellungsform. Hamanns »Fliegender Brief«
15:15–16:00 Hendrik Klinge: Kabbalistische Prosa, Strategien negativer Hermeneutik als Charakteristikum der Autorhandlungen Hamanns
16:00–16:45 Wilhelm Schmidt-Biggemann: Hamanns Rhetorik des polemischen Verdachts am Beispiel der »Hierophantischen Briefe«
16:45–17:15 Kaffeepause
17:15–18:00 Katie Terezakis: Hamann’s Critique of Liberalism
18:00–18:45 Gwen Griffith-Dickson: Despots and Demagogues. Hamanns Rhetorik in the face of tyranny
19:00 Gemeinsames Abendessen
Samstag, 9. März 2019
9:00–9:45 Dietmar Till: Anthropologisierung der Rhetorik im 18. Jahrhundert
9:45–10:30 Linda Simonis: Hamanns Rezeption antiker Rhetorik. Am Beispiel der »Sokratischen Denkwürdigkeiten«
10:30–11:15 Eva Kocziszky: Licht, Stern, Sonne, Horoskop: Eine metaphorologische Untersuchung zu J. G. Hamanns Kontroversen
11:15–11:45 Kaffeepause
11:45–12:30 Monika Schmitz-Emans: Das Buch-Theater und seine Akteure: Eine metaphorologische Annäherung an Hamanns und Laurence Sternes Umgang mit Schrift, Text und dem Buch
12:30–13:15 Raivis Bicevskis: Rhapsoden des Ursprungs, Rhetoren des Anfangs. Hamanns Thematisierung des lettischen Volksliedes am Ende der »Aesthetica in nuce« im Kontext der sinnlichen Sprache der Natur
13:15–14:30 Mittagspause
14:30–15:00 Naomi Miyatani: Hamanns Interpunktion und ihre Übersetzungsmöglichkeiten
15:00–15:45 Sina Dell’Anno: Stilistischer »Medusenschild« – Hamanns monströse Schreibart im Kontext von Jean Pauls Rhetorik des Witzes
15:45–16:30 Teruaki Takahashi: Intertextuelle Kommunikationsformen bei Hamann und in der japanischen Dichtungstradition. Ein kontrastiver Kulturvergleich
16.30–16:45 Schlussworte durch die Veranstalter
Veranstaltungsort
Institut für Deutsch als Fremdsprachenphilologie
Plöck 55 (Nähe: Friedrich Ebert Platz)
69117 Heidelberg
Anmeldung
Tagungsgäste sind herzlich willkommen. Um verbindliche Anmeldung bis zum 3. März 2019 an janina.reibold@gs.uni-heidelberg.de wird gebeten.
Veranstalter
Prof. Dr. Eric Achermann, Münster
Prof. Dr. Johann Kreuzer, Oldenburg
Prof. Dr. Johannes von Lüpke, Wuppertal
Dr. Janina Reibold, Heidelberg