Konferenzen, Tagungen

Schreibweisen der Gegenwart: Vom ‚doomscrolling‘ zum ‚deep reading‘. Zeit und Lektüre nach der Digitalisierung, Greifswald

Beginn
15.06.2023
Ende
15.06.2023

Wissenschaftlicher Workshop im Rahmen des DFG-Projekts „Schreibweisen der Gegenwart. Zeitreflexion und literarische Verfahren nach der Digitalisierung“ am Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald  am 15. Juni 2023, 10-19.30 Uhr

Lesen ist auf mehreren Ebenen unmittelbar mit Fragen der Zeit verbunden: 1. in der Frage nach Zeitpunkt und Dauer des Lesens, 2. in der Frage nach Geschwindigkeit und Rhythmus des Lesens, 3. in der Frage nach der Zeiterfahrung im Leseprozess. Auf all diesen Ebenen sind in Bezug auf das Lesen und im Reden über das Lesen nach der Digitalisierung Verschiebungen festzustellen. So berühren etwa die Veränderungen in der Wahrnehmung von Gegenwart im gegenwärtigen Digitalisierungsdiskurs (vgl. Schumacher 2021) nicht nur das Schreiben, sondern genauso das Lesen. Häufig werden – etwa in Hans Ulrich Gumbrechts Unsere breite Gegenwart (2010) oder Byung-Chul Hans Im Schwarm (2013) – digitale gegen analoge Leseszenen gestellt und mit konträren Gegenwartserfahrungen gekoppelt. Auch die Formel „tl;dr“ („too long; didn’t read“) auf Social Media, die Diskussionen über doomscrolling (Sharma/Lee/Johnson 2022) oder deep reading (Wolf 2018, Carr 2010) deuten auf je unterschiedliche Weise auf bestimmte Kopplungen von Lektüre und Zeitkonzepten. In Bezug auf neue Formen professionellen Lesens – im Verhältnis von close reading und distant reading – spielt der Aspekt ebenfalls eine Rolle: Mit digitalen Verfahren ist es möglich, eine Menge von Texten in kurzer Zeit auszuwerten, deren Lektüre die Lebenszeit eines Menschen übersteigen würde.

Der Workshop setzt in Bezug auf diese Fragen der Zeit auf zwei Ebenen an: Zum einen bei der Beobachtung konkreter „Szenen des Lesens“ (Griem 2021) und zum anderen in der Analyse der Verfahren, Figuren und Metaphern im Schreiben über das Lesen. Dafür bietet sich reichlich Material: Vom „Ende der Gutenberg-Galaxis“ (Bolz 1993) bis zur „Stavanger-Erklärung“ (2019) begleitet die Frage nach der Veränderung von Lesepraktiken im Kontext digitaler Medien den Digitalisierungsdiskurs seit Jahrzehnten. Auch im wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Diskurs wird das Thema immer wieder aufgegriffen (zuletzt etwa Wolf 2018, Lauer 2020, Wilke 2022, Bickenbach 2023). Nicht zuletzt ist an literarische Leseszenen im Kontext des Digitalen, etwa bei Leif Randt, Terézia Mora oder Julia Zange, zu denken. In fast allen diesen Texten laufen die angesprochenen Fragen nach den Zeiten des Lesens im Hintergrund mit, selten wird der Fokus jedoch direkt auf sie gerichtet. Der Workshop nimmt diesen zentralen Aspekt der Reflexion über das Lesen nach der Digitalisierung nun gezielt in den Blick.

10.00 Uhr   Begrüßung und Einleitung

10.30 Uhr   Erika Thomalla (München): Speed reading, ohne Druck. Lektürestrategien in Social-Reading-Communities

11.30 Uhr   Franziska Wilke (Frankfurt/Oder): Zeiterfahrung und Lektüre: Kontinuitäten und Brüche in der digitalen Lesepraktik. Susanne Berkenhegers „Zeit für die Bombe“, Tilmann Rammstedts „Morgen Mehr“ und „Der Mauerfall und ich" (BpB) im Vergleich

Moderation: Philipp Ohnesorge

12.30 Uhr    Mittagspause

14.00 Uhr  Elias Kreuzmair (Greifswald): Manisch lesen, hektisch klicken, alles wissen. Zur Gegenwart der Lektüre in digitalisierungskritischen Zeitdiagnosen

15.00 Uhr  Matthias Bickenbach (Köln): Vielfalt oder Einfalt? Lesen in digitalen Dystopien. Thomas Raabs „Die Netzwerk-Orange“ und Eugen Ruges „Follower“

16.00 Uhr    Kaffeepause

16.30 Uhr   Kristina Petzold (Bielefeld): Zurück in die Zukunft? Zur Gegenwärtigkeit digitaler Lesepraktiken am Beispiel der Stilometrie

Moderation: Eckhard Schumacher

17.30 Uhr    Pause

18.00 Uhr  Heilige Schrift I
                  Lesung und Gespräch mit Wolfram Lotz
                  Moderation: Elias Kreuzmair

Wissenschaftliche Leitung: Elias Kreuzmair (Greifswald)  
Anmeldung: elias.kreuzmair@uni-greifswald.de   

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Digital Humanities, Digitale Literatur, Literatur des 21. Jahrhunderts

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Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald
Datum der Veröffentlichung: 09.06.2023
Letzte Änderung: 09.06.2023