Fluchtgeschichte(n) Interdisziplinäre Perspektiven auf Verbannung und Vertreibung um 1800 (20.-22.07.2023, Bad Homburg v. d. Höhe)
Fluchtgeschichte(n): Interdisziplinäre Perspektiven auf Verbannung und Vertreibung um 1800 |
Workshop am Forschungskolleg Humanwissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Bad Homburg v.d.H. // 20.–22. Juli 2023
Organisation: Prof. Dr. Frederike Middelhoff, W1-Professur für Neuere Deutsche Literatur mit dem Schwerpunkt Romantikforschung
Die Epoche der Revolutionen (ca. 1770–1820) wurde bis ins 20. Jahrhundert vornehmlich als ‚heroisch‘ sowie ex post, u.a. mit Blick auf republikanische Verfassungsänderungen und humanitäre Innovationen, als progressiv wahrgenommen. Allerdings besitzt das Zeitalter der Revolutionen auch kontingente und gewaltförmige Kehrseiten, die mit den ca. 350.000 Menschen in Verbindung stehen, die angesichts der soziopolitischen Umbruchsgeschehen zu emigrieren genötigt waren oder als vermeintliche ‚Jakobiner‘ verfolgt wurden. Diese Zusammenhänge werden in den Geschichtswissenschaften erst seit kurzem systematisch aufeinander bezogen und im Horizont eines neuen Forschungsparadigmas untersucht, das die Epoche der Revolutionen als transatlantisches Zeitalter der Flucht und der Emigrationen beleuchtet.
Das Desiderat einer systematischen Erforschung der Revolutions- als Fluchtgeschichte wirft Fragen bezüglich der theoretischen Grundlagen, methodischen Ansätze und einzubeziehenden Quellen auf. Der Workshop möchte sich diesen Fragen annähern, indem er geschichtswissenschaftliche Perspektiven auf die Motive, Ausprägungen und Konsequenzen von Verbannung und Vertreibung im Zeitalter der Flucht mit einer kulturwissenschaftlich reflektierten literatur- und kunstgeschichtlichen Forschung ins Gespräch bringt. Ziel ist, geschichts-, literatur- und kunstwissenschaftliche Theorien, Methoden und Forschungsfragen für eine interdisziplinäre Erforschung von Flucht und Emigration um 1800 produktiv zu machen. Zentral soll es dabei um die Frage gehen, welchen Beitrag Fiktionalisierungen und Ästhetisierungen von Vertreibung und Verbannung im Zeitalter der Revolutionen leisten und welche Narrative, Bildprogramme, Topoi und Affektregime hier zu Geschichten der Flucht und Emigration verdichtet werden.
PROGRAMM
Donnerstag, 20.07.2023
14.00 Uhr
Begrüßung und Einführung (Frederike Middelhoff, Frankfurt a.M.)
14.30-15.30 Uhr
Steffan Davies (Bristol, UK):
Exilant, Weltbürger, deutscher Klassiker. Friedrich Schlegels „Georg Forster“ (1797)
Pause
16.00-17.00 Uhr
Stefanie Populorum (Wien/Brunswick, Rutgers):
Flucht, Fleiß, Fremde. Migrantische Ökonomien in Sophie von La Roches Erscheinungen am See Oneida
Pause
17.30 Uhr
KEYNOTE
Friedemann Pestel (Freiburg): Chateaubriand und das Zeitalter der Emigrationen
Abendessen
Freitag, 21.07.2023
09.30-10.30 Uhr
Andreas Fahrmeir (Frankfurt a.M.):
Exilanten, Ausländische Freunde, Ausländische Feinde: Bilder von Migrant:innen in der Gesetzgebung um 1800
10.30-11.30 Uhr
Maha El Hissy (Berlin/München):
Dramatische Rückkehr, imaginierte Restauration: Johann Wolfgang von Goethes Die natürliche Tochter (1803)
Pause
12.00-13.00 Uhr
Till Breyer (Bochum):
Empfindsame Asylie: Konstellationen der Zuflucht um 1800
Mittagspause
14.15-15.15 Uhr
Hanna Hofmann (Aachen):
„Etwas Besseres als den Tod findest du überall.“ Märchen als Aufbruchs- und Migrationserzählungen zwischen Französischer Revolution und Deutscher Restauration
15.15-16.15 Uhr
Frederike Middelhoff (Frankfurt a.M.):
Narrative der Vertreibung. Zur Historiographie der Flucht in der literarischen Romantik
18:00 Führung durch das Deutsche Exil-Archiv (Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt)
20:00 Abendessen
Samstag, 22.07.2023
10.00-11.00 Uhr
Mechthild Fend (Frankfurt a.M.):
Der Fall Thomas Quant. Eine haarige Migrationsgeschichte zwischen Polen und Frankreich
11.00-12.00 Uhr
Tim Sommer (Passau):
Verschleppung, Flucht, Exil: Schwarze Autor:innen um 1800 im Spannungsfeld von fremd- und selbstbestimmter Migration
12.30 Uhr // Abschluss und Ausblick
Abreise
Die Keynote ist öffentlich, für den Workshop selbst können wenige Teilnahmeplätze in Präsenz vergeben werden. Bitte melden Sie sich per Mail an middelhoff@em.uni-frankfurt. de bis zum 10.7.2023 an, wenn Sie an der Veranstaltung teilnehmen möchten.