CfP/CfA Veranstaltungen

Theoriestile: Schreibweisen, Denkfiguren, Zirkulationsformen

Deadline Abstract
01.12.2024

Workshop im Rahmen des Projekts „Theoriezirkulationen. Themen, Prozesse und Geschichten einer globalisierten Schreibweise” (EXC „Temporal Communities“), FU Berlin, 19./20. Juni 2025

Organisiert von Michael Gamper und Oliver Simons

Seit einigen Jahren beansprucht ‚Theorie‘ Aufmerksamkeit als eigenes Textgenre, das zwar an konkreten Gegenständen entwickelt wird, dabei aber auf allgemeine Einsichten abzielt. Oft zunächst in Disziplinen wie Philosophie, Soziologie oder den Künstewissenschaften entwickelt, werden diese Texte gerade durch ihre interdisziplinäre Anschließbarkeit zur ‚Theorie‘ – paradigmatische Beispiele hierfür sind die Kritische Theorie oder die ‚French Theory‘. Dabei ist festzustellen, dass diese Theorie-Entwicklungen seit den 1960er Jahren Raum geben für die Ausprägung von eigenständigen und eigenwilligen Ausdrucksformen, die unverkennbare individuelle und gruppenspezifische Stilmerkmale hervorbringen, die zum Thema dieser Tagung gemacht werden sollen.

‚Theoriestil‘ zielt dabei zunächst auf die Analyse einer dezidierten und spezifischen Schreibweise von Theorie, aber auch auf die editorischen Praktiken von Zeitschriften (für die Zeitschrift für Sozialforschung etwa oder Tel Quel) und Gruppenpublikationen, die maßgeblich zur Institutionalisierung von theoretischen Schulen beitragen konnten. Ebenso im Fokus stehen sollen Argumentationsstile, also die spezifische Verknüpfung von Elementen der Theoriekonstitution, sowie, und in direktem Zusammenhang damit stehend, eigenwillige und voneinander unterscheidbare Weisen der intellektuellen Ausprägung von Theorie – man könnte hier in Anlehnung an Ludwik Fleck auch von ‚Denkstil‘ sprechen. Zu bedenken wäre schließlich, inwiefern die Kritik am (schlechten) Stil von ‚Theorien‘ zu deren Geschichte beigetragen hat (beispielsweise die so genannten Bad Writing Contests der 1990er Jahre, aber auch die Kritik an den frühen deutschsprachigen Übersetzungen von Barthes, Foucault etc.). 

Überlegungen zu stilistischen Eigenheiten einzelner Theoretiker:innen und theoretischen Strömungen liegen bereits vor (siehe u.a. die Sammelbände von Jonathan Culler, Kevin Lamb (Ed.): Just being Difficult. Academic Writing in the Public Arena, Stanford 2003, oder Ivan Callus, James Corby, Gloria Lauri-Lucente (Ed.): Style in Theory. Between Literature and Philosophy,London, New York 2013), im Rahmen dieser Tagung möchten wir uns aber nicht auf bloße Stilanalysen beschränken. Vielmehr sollen diese der Ausgangspunkt sein für Überlegungen, wie diese verschiedenen Stilaspekte die Zirkulation von Theorien beeinflussen. Orientiert ist die Tagung damit hin auf die Beweglichkeit und Dynamik der ‚Theorie‘ und fragt nach den Transfers, Übertragungen und Zirkulationen der Stileigenheiten – und nach der Rolle der verschiedenen Stilaspekte, Text- und Publikationsformen für diese Bewegungen. Die implizierte These lautet, dass der Erfolg der ‚Theorie‘ seit den 1960er Jahren sich ganz wesentlich einer bisher nur teilweise oder marginal erforschten transkulturellen Zirkulation von Texten, Menschen und Ideen und der immer wieder neuen Ausbildung von Wissens- und Denkgemeinschaften zwischen den Kontinenten verdankt, bei denen Stilübertragungen bzw. Stilfreundschaften und -feindschaften eine dominante Rolle gespielt haben. Es soll also um Fragen der Stilrezeption gehen, ebenso aber um Fragen der Stil-Übersetzung bzw. der (Nicht-)Übersetzbarkeit von Stil. Was passiert also in stilanalytischer und -geschichtlicher Hinsicht, wenn mit ihrer Ausgangssprache eigenwillig verfahrende Theoretiker:innen wie Adorno, Foucault, Kristeva, Butler oder Preciado übersetzt werden? Welche Denk- und Argumentationsstile haben sich in der Geschichte der ‚Theorien‘ am ehesten als anschlussfähig erwiesen und zu transkontinentalen Paradigmen entwickelt? Und wie verhält sich die Analyse dieser ‚Theoriestile‘ zur Geschichte und den Methoden der Stilistik in den Sprach- und Literaturwissenschaften? 

Vorschläge für Beiträge werden in Form eines kurzen Exposés (1 Seite) bis zum 1. Dezember 2024 erbeten an michael.gamper@fu-berlin.de sowie claudia.ziegler@fu-berlin.de

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literaturgeschichtsschreibung (Geschichte; Theorie), Literaturtheorie
Stilgeschichte, Stiltheorie, Theoriezirkulation

Ansprechpartner

Adressen

Habelschwerdter Allee 45
14195 Berlin
Deutschland
Beitrag von: Michael Gamper
Datum der Veröffentlichung: 23.09.2024
Letzte Änderung: 23.09.2024