CfP/CfA Veranstaltungen

Stefan Zweig und Übersetzung, Internationale Tagung, Salzburg

Beginn
12.11.2025
Ende
14.11.2025
Deadline Abstract
15.03.2025

In Die Welt von Gestern, seinem autobiographischen Erinnerungsbuch, betont Stefan Zweig den intellektuellen und kreativen Wert der Tätigkeit des Übersetzens. Er habe darin schon als junger Autor eine Möglichkeit gefunden, »den Geist der eigenen Sprache tiefer und schöpferischer zu begreifen«. Zugleich spricht er von einem »Kampf, der fremden Sprache zäh das Eigenste abzuzwingen und der eigenen Sprache ebenso plastisch einzuzwingen«, die er immer als »eine besondere Art künstlerischer Lust« empfunden habe. »Weil diese stille und eigentlich unbedankte Arbeit Geduld und Ausdauer forderte, […] wurde sie mir besonders lieb; denn an dieser bescheidenen Tätigkeit der Vermittlung erlauchten Kunstguts empfand ich zum erstenmal die Sicherheit, etwas wirklich Sinnvolles zu tun, eine Rechtfertigung meiner Existenz.«

Tatsächlich beginnt Zweig schon als Gymnasiast, literarische Texte zu übersetzen. Vor dem Ersten Weltkrieg spielt für ihn die Übersetzer- und Herausgebertätigkeit auch die bedeutendere Rolle als die Arbeit als Schriftsteller. Dabei beschäftigt er sich in erster Linie mit französischer Literatur und übersetzt Werke von Arthur Rimbaud, Paul Verlaine, Charles Baudelaire und Romain Rolland, um nur die bekanntesten Autoren zu nennen. Auf der Suche nach einem eigenen Autorschaftsmodell ist das Übersetzen einerseits als Stilübung im Sinne der Erklärung in Die Welt von Gestern zu verstehen: als Möglichkeit, »den Geist der eigenen Sprache tiefer und schöpferischer zu begreifen«. Zugleich ist das Übersetzen – wie auch die Aktivitäten als Herausgeber der Werke anderer Schriftsteller sowie als Vermittler im europäischen Literaturbetrieb – im Zusammenhang mit Zweigs Aufbau eines intellektuellen Netzwerkes und seiner Positionierung im literarischen Feld zu sehen. 

Ab den 1920er Jahren sorgen die Novellenbände Amok (1922) und Verwirrung der Gefühle (1927), der Band Sternstunden der Menschheit (1927) sowie die historischen Biographien über Joseph Fouché (1929), Marie Antoinette (1932), Erasmus von Rotterdam (1934) und Maria Stuart (1935) dafür, dass Zweig als Schriftsteller weltberühmt wird. Die eigene Übersetzungstätigkeit tritt in den Hintergrund, dafür ist Zweig Anfang der 1930er Jahre einer der meistübersetzten Autoren weltweit. Zeugnis davon gibt nicht zuletzt das sogenannte ›Hauptbuch‹: ein in den Beständen des Literaturarchivs Salzburg befindliches großformatiges Kontorbuch, das der Autor eigens anfertigen hat lassen, um Buch zu führen und den Überblick zu bewahren. In Spalten sorgfältig eingetragen finden sich in diesem Buch Angaben zu Übersetzungen, Lizenzausgaben, Rechten und Honoraren. Dass Zweig bis heute weltweit in immer neuen Übersetzungen gelesen wird, lässt sich in Randolph Klawiters seit den 1960er Jahren stetig erweiterter Personalbibliographie nachvollziehen. 

Das Übersetzen ist in Stefan Zweigs schriftstellerischer Karriere also auf zwei Ebenen von Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wollen wir uns im Stefan Zweig Zentrum Salzburg im Jahr 2025 schwerpunktmäßig mit diesem Thema auseinandersetzen und im Rahmen einer internationalen Tagung vom 12.-14. November sowohl ›Stefan Zweig als Übersetzer‹ als auch das Thema ›Übersetzungen von Stefan Zweigs Werken‹ in den Blick nehmen.

Folgende Fragen werden uns dabei begleiten: 

  • Inwiefern steht Zweigs Wahl der übersetzten Autor*innen und Werke in Zusammenhang mit der eigenen literarischen Arbeit? 
  • Welche Rolle spielt das Übersetzen für die Arbeit an der eigenen Autorschaft (Habitus, Stil, literarische Gruppen, Traditionen, Gattungen)? 
  • Welche Techniken des Übersetzens kommen zur Anwendung? 
  • Welche Rolle spielen Kooperationen bzw. Kollaborationen im Rahmen von Übersetzungsprojekten? 
  • Wie lässt sich – ausgehend von den Selbstaussagen in Die Welt von Gestern – eine ›Übersetzungspoetik‹ von Stefan Zweig beschreiben?

Übersetzungen von Stefan Zweigs Werken

  • Wer übersetzt zu welchem Zeitpunkt welche Werke des Autors in welche Zielsprache?
  • Im Falle der zeitgenössischen Übersetzungen kommt hinzu: Wie gestaltet sich Zweigs Verhältnis zu seinen Übersetzer*innen (z.B. Alzir Hella, Eden u. Cedar Paul, Lavinia Mazzucchetti)?
  • Wird aus dem Deutschen übersetzt oder ist der Übersetzung eine andere Sprache zwischengeschaltet? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus?
  • Damit in Zusammenhang: Auf welche Weise wird übersetzt? Entscheidet man sich für eine semantische oder kommunikative bzw. treue oder idiomatische Übersetzung? 
  • In der Forschung richtet sich in den letzten Jahren der Blick verstärkt auf kulturelle Übersetzungsprozesse: die Übertragung von Vorstellungsinhalten, Werten, Denkmustern, Verhaltensmustern und Praktiken eines kulturellen Kontexts in einen anderen. Inwiefern spielen solche kulturellen Aspekte in Übersetzungen von Werken Stefan Zweigs eine Rolle?

Der Blick auf Zusammenhänge wie diese ist unerlässlich, wenn es darum geht, die vielgepriesene ›Weltautorschaft‹ von Stefan Zweig nicht zu einer leeren Formel werden zu lassen, sie vielmehr in ihren Voraussetzungen und Funktionsweisen zu konkretisieren. 

Angesprochen sind sowohl Wissenschaftler*innen, die eine analytische Perspektive einnehmen, als auch Übersetzer*innen, die aus der Praxis berichten und ihren Blick auf konkrete Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Thema ›Zweig übersetzen‹ in die Diskussion einbringen können. 

Vortragsskizzen mit kurzer Information zu Ihrer Person sind erbeten bis 15. März 2025 an office@stefan-zweig-zentrum.at

Konzept: Dr. Martina Wörgötter (Stefan Zweig Zentrum Salzburg, Leitung)

Contact Information

Stefan Zweig Zentrum
Paris Lodron Universität Salzburg 
Edmundsburg
Mönchsberg 2 | 5020 Salzburg
Tel.: +43 662 8044 7641

 

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office@stefan-zweig-zentrum.at

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Literatur und Kulturwissenschaften/Cultural Studies, Übersetzung allgemein, Übersetzungstheorie, Literatur des 20. Jahrhunderts

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Datum der Veröffentlichung: 13.01.2025
Letzte Änderung: 13.01.2025