Spielzeichen IV – Genres: Strukturen, Entwicklungen, Agencies
Interdisziplinäre Tagung
Passau, 25. bis 27. Februar 2021
Spielzeichen IV – Genres: Strukturen, Entwicklungen, Agencies
Die Geschichte des digitalen Spiels hat eine beträchtliche Genrevielfalt hervorgebracht. Je nach Zählweise existieren bis zu 30 unterschiedliche Kategorien, wobei die Genre-Benennungen bereits die vielfältigen kulturellen Einflüsse des Computer- und Videospiels ausdrücken und sich auf die Visualisierungssituation (Third-Person-Shooter) oder den spielstrukturellen Rahmen (Echtzeit-Strategie) beziehen, auf bereits in anderen narrativen Medien existente Genres verweisen (Horror) oder auf nicht-virtuelle Spielvorlagen in der Realität referieren (Fußball). Gleichzeitig ist die Spielelandschaft – nicht zuletzt durch einen sehr aktiven Independent-Markt – zunehmend durch Genre-Hybridität und Beispiele geprägt, die sich vermeintlich jeder Klassifikation entziehen.
Damit wiederholt sich zwar einerseits die Erkenntnis aus der Beschäftigung mit anderen Medien, dass Genres weniger als fixe Textklassen, sondern eher als heuristische Kategorien zu verstehen sind. Andererseits hat die bisherige Forschung immer wieder herausgestellt, dass gerade in der Genrefrage eine Möglichkeit besteht, Differenzlogiken und Spezifika digitaler Spiele zu fokussieren. Sie lenkt den Blick auf Verhältnisse von Schema und Variation, Strategien der Selbstreferenzialität und -reflexivität, Muster und Stereotypisierungen, ideologisch relevante, rahmenbildende Positionierungen und die Einbettung digitaler Spiele in mediale und diskursive Systeme (vgl. etwa Pias 2002: Computer. Spiel. Welten; Böhme, Nohr, Wiemer (Hg.) 2014: Diskurse des strategischen Spiels). Die vierte Spielzeichen-Konferenz möchte Genres vor diesem Hintergrund nicht nur als dramaturgische Folie verstehen, die zwischen der Produktionsseite und Rezeptionserwartungen vermittelt, sondern Genres vor allem auch als Sets kultureller Konventionen mit ideologischen Funktionen begreifen.
Im Kontext digitaler Spiele können dabei insbesondere die unterschiedlichen Formatierungen von Agency fokussiert werden, die je nach Genre in unterschiedlichen Bedingungsverhältnissen steht: Das Spiel mit der Handlungsmacht der Spieler*innen (und ihren Einschränkungen) kann sich je nach Format in spezifischen Raumkonstellationen, zeitlichen Verhältnissen, Figurenkonzeptionen, narrativen Rahmungen und anknüpfenden kulturellen Diskursen, den dortigen Problematisierungen und Nobilitierungen von Genres ausdrücken oder sich in Online-Spielen auch in die Relation zwischen Individuum und sozialem Kollektiv einschreiben.
Dabei rücken auch intermediale und transmediale Genreverhältnisse in den Blick. Zu fragen ist einerseits nach dem Verhältnis von Computer- und Videospielgenres zu ihren nicht-digitalen Vorläufern (etwa im Brettspiel), andererseits nach der Relation zu synchronen Genresystemen im Medienverbund, etwa im Sinne der Übernahme und Neufunktionalisierung von filmischen Standardsituationen und ‚Genre-Settings‘ (vgl. Rauscher 2011: Spielerische Fiktionen).
Die Konferenzreihe Spielzeichen stellt jeweils einen für digitale Spiele zentralen Forschungsbereich der Medienkulturwissenschaft in den Mittelpunkt: Bei der ersten Tagung im Jahr 2014 ›Zeichen‹, im Jahr 2016 ›Raum‹ und 2018 ›Kultur‹. Dem jeweiligen Themenbereich soll sich aus einer interdisziplinären Perspektive genähert werden, wobei geistes-, kultur- und medienwissenschaftliche sowie kultursoziologische Betrachtungsweisen im Fokus stehen. Dabei geht es auch um die Vernetzung medientheoretischer und inhaltsanalytischer Zugänge und deren Verknüpfung mit produktions- wie rezeptionsorientierten Forschungsperspektiven.
Mögliche Themenfelder können darstellen (sind aber nicht begrenzt auf):
- Theoretische/methodologische Reflexionen des Genrebegriffs
- Spezifika von Genresystematiken des digitalen Spiels
- Intermediale Genreverhältnisse: Genrefilme (Horror, Action etc.) vs. Genrespiele etc.
- Spezifische kommunikative Funktionen von Genres innerhalb der Spielkultur
- Historische Entwicklungen und Genre-Hybridisierungen
- Kennzeichen, kulturelle Bedeutungen und Ideologeme einzelner Spielgenres
- Genrebedingt unterschiedliche Verhältnisse von Autonomie und Heteronomie, Individuum und Kollektiv etc.
- Genres und unterschiedliche Raumfunktionalisierungen
- Formatierungen von Zeit
- Strukturen und Funktionen von Genres in Online-Spielen
- Vorläufer digitaler Spielgenres, historische und mediale Verschiebungen
- spielerische Genrereflexionen und -dekonstruktionen
- Kulturalität von Spielgenres (Otome-Games/Landwirtschaftssimulatoren…)
- Genre und Geschlecht: Geschlechterrollendarstellungen, empirische Nutzungen….
- Genres in der kulturellen Wahrnehmung digitaler Spiele
- Fan- und Feuilleton-Debatten entlang von Genrebegriffen
- …
Organisation und Ablauf
Die Tagung wird vom 25. bis 27. Februar 2021 an der Universität Passau stattfinden.
Ihr Abstract (inkl. Vortragstitel) mit einem Umfang von max. 300 Wörtern und einen Kurzlebenslauf (wissenschaftlicher Werdegang, Publikationen) senden Sie bitte als eine PDF-Datei bis zum 31.07.2020 per E-Mail (Betreff: Spielzeichen) an: Martin.Hennig@uni-passau.de
Die Benachrichtigung über die Annahme der Beiträge erfolgt Anfang September.
Die Vorträge haben eine Länge von 30 Minuten. Eine Veröffentlichung von Beiträgen ist geplant.