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Germanistentag 2025, Doppelpanel: Dialog jenseits des bürgerlichen Zeitalters – Zur Theorie und Methodik eines historischen Crossmapping, Braunschweig

Beginn
14.09.2025
Ende
17.09.2025
Deadline Abstract
15.08.2024

Doppelpanel auf dem 28. Germanistentag, 14.-17. September 2025

Themenbereich 1: Theorien und Konzepte von Dialog

 

Das vorbürgerliche Zeitalter ist für künstlerische und theoretische Ansätze, die sich von den prägenden sexualisierten, rassifizierten und anthropozentrischen Dichotomien der bürgerlichen 'Moderne' emanzipieren wollen und damit den Eintritt in die postbürgerliche Phase beschreiben, als Medium der Selbstreflexion von neuem Interesse. So treten etwa im Zuge des rezent ausgerufenen 'posthuman turn' und den darauf bezogenen neuen Subjektentwürfen (Donna Haraway, Rosi Braidotti) Autor:innen und Künstler:innen der 'Posthumanities' in einen produktiven Dialog mit frühneuzeitlichen Philosophemen und Theoremen. Ein anderes prominentes Beispiel für die Wiederaufnahme frühneuzeitlicher Vorstellungen sind die Adaptionen barocker Topoi (wie etwa der Vanitas-Symbolik) in Literaturen und Künsten der Gegenwart. Die so zu beobachtende Wiederentdeckung des 15., 16. und 17. Jahrhunderts und die zu spürende Verwandtschaft von Problemstellungen und historischen Konfigurationen dieser Zeit mit solchen des 21. Jahrhunderts lässt sich als ein Verhältnis des kulturhistorischen bzw. dann immer auch (auto)historiographischen Dialogs konzipieren. Eine methodische Fundierung eines solchen spezifischen (auto)historiographischen Dialogs über die rein metaphorische Verwendung des Begriffs hinaus ist aber noch zu entwickeln. Das Verfahren des von Elisabeth Bronfen (2002) vorgeschlagenen historischen Crossmappings als Kartographie erzählender und visueller Sprache(n) erscheint als vielversprechendes Verfahren, um strukturelle Ähnlichkeiten und ideengeschichtliche Affordanzen herauszuarbeiten, ohne die in Beziehung zu setzenden Konzepte in ein kausales oder teleologisches Verhältnis zu zwingen. Bronfen nennt diese Vorgehensweise in einer späteren Veröffentlichung (2020) auch einen transhistorischen und transmedialen Dialog, ohne ihr Konzept des Dialogischen weiter auszuarbeiten. Das Doppelpanel setzt an genau dieser Stelle an, um die bewusst vage gehaltene Methodologie des Crossmapping innerhalb der kulturwissenschaftlichen Methodik zu verankern und diese einerseits von anderen hermeneutischen (Gadamer) und philosophischen (Buber, Lévinas) Dialogkonzeptionen abzugrenzen, andererseits aber auch die Beziehungen zu diesen herauszustellen. Ziel ist eine methodische Verortung des 'Crossmapping' als eines dialogischen Verfahrens im weiten Feld der Kulturgeschichtsschreibung. Das Konzept des 'Dialogs', wie es etwa Hans Blumenberg in Die Legitimität der Neuzeit (1966/1996) implizit vorschlägt und modelliert, erscheint als produktiver Begriff für eine dezidiert nicht-kausale deskriptive Verknüpfung einer konkreten Problemstellung oder eines konkreten Konzepts in unterschiedlichen historischen Konstellationen.

Ziel des geplanten Panels ist es, die Methodenreflexion in Bezug auf historisches Crossmapping voranzubringen und dafür das Konzept des Dialogischen als maßgebliche Bereicherung zu installieren. Das geplante Panel hat sich auch praxeologisch einer dialogischen Konzeption verschrieben. Es wird explizit um Tandem-Einreichungen gebeten. Die Idee ist, dass sich Expert:innen für die Frühe Neuzeit (15./16./17. Jh.) gemeinsam mit Expert:innen für die Gegenwart (spätes 20. Jh. bis heute) mit einem gemeinsamen Vortrag bewerben, in welchem je ein historisches Crossmapping (also das Verhältnis von Analogie und Differenz eines spezifischen Konzepts, Theorems oder Gegenstandbereichs) vorgestellt und methodisch reflektiert wird. Die Themenschwerpunkte und Fragestellungen können die Kooperationspartner:innen frei wählen (z.B. Umwelt, Subjektivität, Weiblichkeit, Rollenentwürfe, gesellschaftliche Hierarchien, Öffentlichkeit o.ä.), zumal der Schwerpunkt der Vorträge auf der methodisch-theoretischen Reflexion des jeweiligen Crossmappings liegen soll. Die Vorträge und Impulse aus dem Panel sollen im Anschluss an den Dt. Germanistentag schriftlich ausgearbeitet werden und als Sonderheft einer Fachzeitschrift erscheinen.

Wenn Sie Interesse haben, an dem Panel mitzuwirken, dann bewerben Sie sich bitte als Tandem aus Früher Neuzeit und Gegenwart bis zum 15. August 2024 mit einem Abstract, aus dem Gegenstand und Zielsetzung Ihres Crossmappings hervorgeht, sowie einigen biobibliographischen Angaben bei: Dr. Charlotte Coch (charlotte.coch@uni-koeln.de) und Dr. Marlene Meuer (marlene.meuer@wiko-greifswald.de). Auch unabhängig von einer Teilnahme am Germanistentag freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme, wenn Sie derzeit auf diesem Gebiet forschen.

Literatur

  • Benthien, Claudia/von Fleming, Victoria (Hrsg.): Vanitas. Reflexionen über Vergänglichkeit in Literatur, bildender Kunst und theoretischen Diskursen der Gegenwart. Themenschwerpunkt von: Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie 27.2 (2018), S. 1-316.
  • Benthien, Claudia/Schmidt, Antje/Wobbeler, Christian (Hrsg.): Vanitas und Gesellschaft. Berlin/Boston: De Gruyter, 2021.
  • Blumenberg, Hans: Die Legitimität der Neuzeit. Erweiterte Ausgabe. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1996.
  • Braidotti, Rosi: The Posthuman. Cambridge: Polity Press, 2013.
  • Bronfen, Elisabeth: Cross-Mapping. Kulturwissenschaft als Kartographie von erzählender und visueller Sprache, in: Lutz Musner, Gotthart Wunberg (Hg.): Kulturwissenschaften. Forschung, Praxis, Positionen. Wien: WUV 2002, S. 110-134.
  • Bronfen, Elisabeth: Introduction. Appropriation, dislocation, and crossmapping, in: dies. (Hg.): Serial Shakespeare. An infinite variety of appropriations in American TV drama. Manchester: Manchester University Press, 2020, S. 1-25.
  • Buber, Martin: Ich und Du. 13. Auflage. Gerlingen: Lambert Schneider, 1997 [1923].
  • Gadamer, Hans-Georg: Wahrheit und Methode. Grundzüge einer philosophischen Hermeneutik. Tübingen: Mohr Siebeck 1960.
  • Haraway, Donna J.: Modest_Witness@Second_Millennium. FemaleMan©_Meets_OncoMouseTM. Feminism and Technoscience. New York, London: Routldege, 1997.
  • Lévinas, Emmanuel: Dialog. Ein kooperativer Kommentar. Hrsg. von Burkhard Liebsch. Baden-Baden: Karl Alber 2020 [1980].

Contact Information

Dr. Charlotte Coch

IDSL I

Universität zu Köln

Albertus-Magnus-Platz 

50923 Köln

 

Contact Email

charlotte.coch@uni-koeln.de

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literaturgeschichtsschreibung (Geschichte; Theorie), Literaturtheorie, Literatur und Kulturwissenschaften/Cultural Studies, Literatur und Philosophie, Poetik, Literatur der Frühen Neuzeit (14. und 15. Jh.), Literatur des 16. Jahrhunderts, Literatur des 17. Jahrhunderts, Literatur des 21. Jahrhunderts

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Datum der Veröffentlichung: 12.07.2024
Letzte Änderung: 12.07.2024