CfP/CfA Veranstaltungen

BAUSTELLE Brecht 2024: „Brecht vergegenwärtigen: aktuelle und historische Praxis-Theorie-Gefüge“

Beginn
13.12.2024
Deadline Abstract
01.09.2024

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Jede Vergegenwärtigung eines Textes oder Gedankens von Bertolt Brecht findet innerhalb von konkreten Organisationen, mit spezifischen medialen Mitteln, für eine bestimmte Gruppe von Zeitgenoss:innen an einem konkreten Ort statt. Das, was im Moment der Hervorbringung von/mit/über Brechts theoretischer und künstlerischer Praxis in Erscheinung tritt, ist bedingt von ihrer institutionellen, ökonomischen und geopolitischen Verortung und dem jeweiligen Verständnis von theoretischer und/oder künstlerischer Praxis. Das gilt nicht nur für künstlerische, sondern auch für wissenschaftliche Arbeitsfelder. Jedes Schreiben über Brechts Theatertheorie und -praxis, jeder Leseprozess, jede Aufführung von Brechts Texten ist eine prozessuale und transformative Vergegenwärtigung, die in einer konkreten Situation und materiellen Infrastruktur für und/oder mit konkreten Zeitgenoss:innen stattfindet.[1]

Die International Brecht Society (IBS) lädt in Kooperation mit dem Literaturforum im BrechtHaus (LfB) und der AG Schauspieltheorie der Gesellschaft für Theaterwissenschaft (GTW) Beiträge von Early Career Researchers und Artists ein, die im Rahmen eines öffentlichen Workshops diese Bedingungsgefüge von Praktiken der Vergegenwärtigung von Brecht als Autor, Denker und Theatermacher untersuchen: Welche historischen und aktuellen Praxisgefüge greifen ineinander, wenn Brecht als Autor, Denker und Theatermacher vergegenwärtigt wird? Inwiefern operiert Brecht selbst mit unterschiedlichen Theorie-PraxisGefügen, erkennbar z.B. am Konzept „Eingreifendes Denken“[2], das er in den frühen 1930er Jahren u.a. im Kontext des Dreigroschenprozesses entwickelte, das unter der Exilerfahrung aber verändert und in den frühen 1950er Jahren in der Wendung „Vom epischen zum dialektischen Theater“[3] nochmals ganz anders von ihm vergegenwärtigt wurde?[4] Welche und wessen Gegenwart war oder ist gemeint, welche und wessen Wahrnehmungen werden synchronisiert oder kollektiviert und inwiefern werden sie je unterschiedlich als gleichzeitig erfahren? Diese Fragen schließen auch eine Reflexion der ökonomischen und geopolitischen Verortung der eigenen künstlerischen und/oder wissenschaftlichen Praxis mit ein. Inwiefern unterschied und unterscheidet sich die Brecht-Vermittlung und BrechtRezeption z.B. nach 1945 in Ost- und Westdeutschland, wie sieht und sah sie in anderen geopolitischen Kontexten aus, beispielsweise in Ländern des Globalen Südens? In welchen Gefügen wurde und wird heute mit Brechts Texten gearbeitet? Inwiefern zeigen sich Unterschiede abhängig vom institutionellen Rahmen (wie z.B. Universitäten, Kunstakademien, Schauspiel- und Theaterschulen, Stadt- und Staatstheater), in dem sich diese Arbeit vollzog und vollzieht? Was sind die je spezifischen Bedingungen in Bezug auf die Situiertheit der Praktiken, die Dringlichkeit im Zeitfluss der jeweiligen Gegenwart, körperliche Routinen, materielle Objekte, in denen künstlerisches und/oder wissenschaftliches Arbeiten mit/zu Brecht aktuell stattfindet bzw. stattgefunden hat? Inwiefern sind diese Fragen besonders in einer Gegenwart digitaler Transformationen virulent, in der ein ideologischer Illussionsdruck – von Brecht in der Weimarer Republik als von den Theatern und anderen ‚öffentlichen Institutionen‘ ausgehend empfunden – vom Internet und insbesondere durch KI-generierte Vorstellungen in Social Media ausgeübt wird?

Abstracts für 20- bis 30-minütige Vorträge und Projektvorstellungen im Rahmen des Workshops können auf Deutsch oder Englisch verfasst werden. Bitte schicken Sie Beitragsvorschläge mit einem Abstract (300 Wörter) sowie einer Kurzbiografie (150 Wörter) bis zum 1. September 2024 an baustelle@lfbrecht.de.

Für die ausgewählten Beitragenden sind Honorarpauschalen in Höhe von bis zu jeweils 300€ (inkl. USt.) geplant (abhängig von weiteren Förderpartnern für die Baustelle Brecht). Im Rahmen des Workshops werden die Beitragenden mit bereits etablierten Vertreter:innen und Senior Researchern aus dem Kreis der IBS, der GTW und darüber hinaus zusammenarbeiten, um Praktiken des Vergegenwärtigens von Brechts Schaffen und ihre Situiertheit anhand von unterschiedlichen Praxis-Theorie-Gefügen zu diskutieren. Die Veranstaltung ist nicht nur als ein intergenerationaler und internationaler Workshop, sondern zugleich als öffentliches Literatur- und Kulturvermittlungsformat konzipiert, welches vor Ort in Berlin besucht werden kann.


[1] Vgl. Steffen Martus, Carlos Spoerhase: Geistesarbeit. Eine Praxeologie der Geisteswissenschaften.

Berlin: Suhrkamp, 2022, S. 21 ff.

[2] Brecht, „Eingreifendes Denken“ (1931), in: BFA, Bd. 21, S. 524–525.

[3] Brecht, „Vom epischen zum dialektischen Theater“ (um 1954), in: BFA Bd. 23, S. 299–301.

[4] Brecht, „Notizen über die Dialektik auf dem Theater“ (um 1954), in: BFA Bd. 23, S. 297–299, hier S. 298.

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Literaturgeschichtsschreibung (Geschichte; Theorie), Literatur und andere Künste, Drama allgemein, Literatur des 20. Jahrhunderts, Literatur des 21. Jahrhunderts

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Internationale Brecht-Gesellschaft / International Brecht Society (IBS)
Beitrag von: Micha Braun
Datum der Veröffentlichung: 16.07.2024
Letzte Änderung: 16.07.2024