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Alexander-Kluge-Jahrbuch 12/2025: Komik

Deadline Abstract
31.07.2024
Deadline Beitrag
31.01.2025

Hrsg. von Sonja Dierks, Sandra Fluhrer & Florian Wobser

Viele lachen sich kaputt, andere lässt es kalt, einigen bleibt ein Lachen im Halse stecken – wenn sie mit Alexander Kluges Werk in Berührung kommen. So oder so hat diese Berührung eine sinnliche Qualität, ist ein taktiler Appell, eine Störung im Sinneshaushalt des Alltags. Kluges Werk ist vielgestaltig; es entfaltet sich zwischen Literatur, Kunst und Philosophie, speist sich aus dem gesamten menschlichen Repertoire an Un-/Sinn und wirkt darauf zurück. Dabei folgt Kluge dem Diktum Benjamins aus dessen Essay „Der Autor als Produzent“ (1934), wonach „es fürs Denken gar keinen besseren Start gibt als das Lachen“, das aus der „Erschütterung des Zwerchfells“ folge. Lachen und Denken sind Ausdruck von Eigensinn, den Kluge mit Oskar Negt der Geschichte gegenüberstellt und zugleich in sie integriert, um sie zu verflüssigen. Dieses Spannungsfeld aus menschlichen Vermögen und Unvermögen, u.a. aus Verstand und Gefühl, ist auch für die meisten Geschichten und Dialoge von Kluge zentral; nicht selten wird es gerade dann komisch, wenn etwas auftaucht, das sich der Intention der Figuren entzieht, das sie handeln lässt.

Das Ziel dieses Jahrbuchs liegt darin, die Vielgestalt der Komik in dem Werk von Kluge zu würdigen. Das Jahrbuch wird von einer Musik- und Opernforscherin, einer Literaturwissen-schaftlerin und einem Akteur philosophischer Bildung herausgegeben. Wir wünschen uns Beiträge mit esprit, die sich in dieses Spektrum einfügen, aber in ihren Bezügen auf Komik zugleich quer zu allem stehen – das wäre besonders willkommen!

Dabei sind begriffliche Fragen, um welche Komikform es sich hier oder dort handle, weniger von Interesse. Bereits Friedrich Schlegel begriff in „Über das Unverständliche“ (1800) Humor und Ironie als hybrid, sah beides als „‚Form des Paradoxen’“ an. Spuren dieser Form können u.a. im crossmapping Kluges gefunden und verfolgt werden. Interessanter erscheinen uns also die durch Kluge und Kooperationspartner:innen inszenierten Situationen, die auf Montagen von ‚facts & fakes‘ beruhen, sei es in der Literatur, sei es im Film oder TV. Was macht deren Komik aus? Inwiefern trifft Eigensinn auf die Tücke des Objekts (oder des Subjekts)? Wie lässt sich das Verhältnis von Sinnlichkeit und Komik bei Kluge beschreiben? Welche Funktionen hat die Improvisation für Komik in Kluges Werk? Gibt es Genres und Gattungen bei Kluge, die ganz besonders affin sind für Komik? In welchen Traditionslinien steht die Komik Kluges? Auf welche Weise kommentiert Kluge Komik in seinem Werk poetologisch? […]

Auch die Grenzen der Komik bei Kluge sollen in den Blick geraten – nach einer Interview-Auskunft von Habermas ist Kluge der „nicht-zynische Denker schlechthin“; doch mitunter überschreitet sein Humor nicht nur die Grenzen zur Ironie, er begibt sich auf schräge Bahnen, die mindestens zum schwarzen Humor neigen – u.a. in Kontexten des Nationalsozialismus (z.B. in der Geschichte „Ein Liebesbeweis“), mit Bezügen auf reale Katastrophen (Fukushima, 9/11 etc.) oder in den Spielfilmen bei Szenen mit psychischer oder sexueller Gewalt.

Ein spezielles Anliegen für das Jahrbuch liegt darin, dass es eine Vielfalt an Formaten umfasse: Ausdrücklich erwünscht sind also essayistische Schreibweisen, künstlerische Interventionen, (Kurz-)Kommentare zu ausgewählten Szenen bei Kluge und anderes mehr!

Vorschläge für Beiträge (auch auf Englisch/Französisch) zwischen 1500(!) und 40000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) jederzeit, jedoch spätestens zum 31.01.2025 an: sandra.fluhrer@fau.de. Sollten Sie längere Beiträge planen, erbitten wir ein kurzes Abstract bis spätestens 31.07.2024!                 

 

Literaturhinweise:

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Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Literaturtheorie, Oral poetry / Mündlichkeit, Literatur und andere Künste, Poetik, Literatur des 20. Jahrhunderts, Literatur des 21. Jahrhunderts
Komik

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Beitrag von: Sandra Fluhrer
Datum der Veröffentlichung: 17.05.2024
Letzte Änderung: 17.05.2024