Schlaf in der Literatur. Zu Narratologie und Ästhetik einer alltäglichen Extremerfahrung vom Mittelalter bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main
Interdisziplinäre Tagung der Goethe-Universität im Arkadensaal des Freien Deutschen Hochstifts (23.02.22–25.02.22)
Als alltägliche Extremsituation impliziert der Schlaf irritierend-paradoxe Momente: Er ist eine Naturnotwendigkeit und doch zugleich eine dezidiert gesellschaftlich-kulturelle Praktik, ebenso wie er zwischen Kontrollverlust und therapeutisch-regenerativer Wirkung changiert (während Schlaflosigkeit gleichermaßen störend wie stimulierend wirkt). Auch die Literatur stößt hier an die Grenzen der Darstellbarkeit, weshalb Schlaf einen poetologisch-ästhetischen Test- und Grenzfall bildet. Im Gegensatz zum Traum ist er von der literaturwissenschaftlichen Forschung bislang kaum beachtet worden. Dieses Desiderat möchte die Tagung in der literaturgeschichtlichen Breite vom 12. bis ins 21. Jhd. mit germanistischer, komparatistischer und interdisziplinärer Perspektive beheben.
Die Tagung findet entsprechend der 2G+-Regel in Präsenz statt, um Anmeldung (schuster@lingua.uni-frankfurt.de / maximilian.wick@rub.de) wird gebeten. Weitere Informationen finden Sie demnächst unter: https://www.uni-frankfurt.de/94597843/Aktuelles
Programm:
Mittwoch (23.02.2022)
13:15 Uhr: Begrüßung
13:45 Uhr: Christine Walde (Mainz): Versuch über den Schlaf in der römischen Literatur
15:00 Uhr: Jonathan Holst (Gießen): Wie die Wissenschaft vom Schlaf die Erzählung verabschiedete und sie doch nicht loswurde
Dominic Angeloch (München): Auf der Schwelle. Der Schlaf und das Unheimliche
17:00 Uhr: Juliane Prade-Weiss (München): No Sleep in Dublin. Tradition und Pause in Joyces Ulysses
Stefan Freund (Wuppertal) Gallo canente spes redit. Motive des Schlafens und Erwachens in der christlichen lateinischen Dichtung
Donnerstag (24.02.2022)
10:00 Uhr: Franziska Wenzel (Frankfurt): Schlafen und Wachen. Zur Geschichte eines Übergangs oder wie das Tagelied zum taggeträumten Immortalitätsentwurf eines Dichters werden kann
Michael Waltenberger (München): Zwischen Ermüdung und Hypervigilanz: Exemplarisches Erzählen von diabolischen Störungen der monastischen Disziplin
12:00 Uhr: Julius Herr (Köln): Der slape is tweerhande. Zum Schlaf des Heiligen am Beispiel des Sente Servas Heinrichs von Veldeke
Mareike von Müller (Göttingen): Transgressiver Schlaf zwischen Heroik und Transzendenz im späten Mittelalter
15:00 Uhr: Maximilian Wick (Bochum): Höfische Vorkommnisse im Schlaf: Lanzelet, Flore, Tristan
Nina Scheibel (Düsseldorf): Kontingenz und Liminalität. Zur narrativen Funktionalisierung des Schlafs in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Literatur
17:00 Uhr: Susanne Goumegou (Tübingen): Der Schlaf als Einfallstor des Teufels: Dämonologisches Wissen zu Schlaf und Ekstase in Frankreich um 1600
Ingo Uhlig (Halle / Berlin): Ökologie, Vulnerabilität, Erfindungsreichtum. Zum Aktionskreis schlafender Monaden bei Leibniz und in der Leibniz-Rezeption
Freitag (25.02.2022)
10:00 Uhr: Joachim Jacob (Gießen): „Sie fühlt‘ es nicht, und schlummerte.“ Die schlafende Frau im empfindsamen Gedicht
Reinhard Möller (Frankfurt): Figurationen des Schlafs bei Johann Karl Wezel und Jean Paul
12:00 Uhr: Jan Urbich (Leipzig / Braunschweig): Das Bildfeld des Schlafs in der Lyrik Hölderlins
Manfred Koch (Basel): „Sie schlief die Welt“. Schlaf, Traum und subliminale Wahrnehmung bei R.M. Rilke
15:00 Uhr: Jörg Schuster (Frankfurt): „Wacht auf, denn eure Träume sind schlecht!” Schlaf(losigkeit) in der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur
Lena Wiesenfarth (Frankfurt): Don’t work, sleep! Der Traum vom Schlaf bei Ottessa Moshfegh
16:30 Uhr: Abschlussdiskussion