CfP/CfA Publikationen

Themenheft z.B. Zeitschrift zum Beispiel: Beispielgeben und Erzählen

Deadline Abstract
31.05.2023
Deadline Beitrag
30.09.2023

Die z.B. Zeitschrift zum Beispiel ist eine Fachzeitschrift, die sich der Erforschung des Beispielgebrauchs in der Moderne widmet. Sie erscheint online als Open Access-Publikation wie auch als PoD. Die z.B. ist interdisziplinär ausgerichtet und bietet Raum für Methoden der Digital Humanities.

Dem Themenheft Beispielgeben und Erzählen soll eine scharfe These zugrunde liegen, die sich wie folgt formulieren lässt: Eine Erzählinstanz als solche kann zwar Beispiele geben, aber nicht sagen, dass sie Beispiele gibt. Das Beispielgeben kann im Erzählakt nicht explizit performativ vorgenommen werden, weil es eine kategorial andere Diskursposition impliziert. Wer ein Beispiel gibt, argumentiert oder expliziert, aber er erzählt nicht. Betont zirkulär ausgedrückt: Wenn eine Erzählinstanz sagt, dass sie ein Beispiel gibt, unterbricht sie das Erzählen und wechselt in einen anderen Diskursmodus, indem sie einer anderen Form der „Themenentfaltung“, wie die Textlinguisten sagen, Raum gibt.

Andererseits weiß man seit Aristoteles‘ Rhetorik, dass das Beispielgeben zu einem wesentlichen Teil narrativ ist und dass Erzählungen als Beispiele aufgefasst werden können (Aristoteles: Rhetorik, 1393b). Inwieweit Erzähler:innen Beispiele geben, unter welchen Voraussetzungen, in welchen erzählenden Textsorten, und mit welcher Wirkung dies geschieht, soll in diesem Themenheft erkundet werden. Die These ist also zunächst einmal scharf formuliert, um Gegenbeispiele auf den Plan zu rufen, denen in der Theorie des Beispiels eine wichtige epistemologische Funktion einzuräumen ist. Daher hier sogleich ein mögliches Gegenbeispiel. Der Erzähler in Kafkas Josefine, die Sängerin oder das Volk der Mäuse lässt an einer Stelle verlauten, es wurde „z.B. das Gerücht verbreitet, Josefine beabsichtige, wenn man ihr nicht nachgebe, die Koloraturen zu kürzen“ (Kafka: Drucke zu Lebzeiten, 373). Inwiefern ist dieses „z.B.“ ein Fremdkörper? Dadurch, dass der Erzähler an dieser Stelle explizit auf den Beispielstatus dessen, was er nun erzählen wird, verweist, zitiert er den „rhetorischen Modus der argumentatio“, wie Bettine Menke feststellt und hinzufügt, dass in diesem Text „nicht eigentlich erzählt“ werde (Menke: Prosopopoiia, 737).

Das „z.B.“ bzw. das „zum Beispiel“ – also der Titel unserer Zeitschrift – kann als eine Zeichenfolge gelten, die einen Fremdkörper im Erzähldiskurs darstellt und in hohem Maße signifikant ist. Die scharfe Formulierung der These verfolgt auch den Zweck, die Fragestellung an Verfahren der Digital Humanities anschlussfähig zu machen. Denn in ihr ist eine Regel formuliert, nach dessen Übertretung auch mittels eines geeigneten Algorithmus gesucht werden kann (der etwa berücksichtigt, dass natürlich in jeder zitierten Figurenrede die Zeichenfolge „z.B.“ oder „zum Beispiel“ beliebig vorkommen kann, aber vielleicht nicht mehr berücksichtigen kann, dass zumindest die Zeichenfolge „zum Beispiel“ auch in erlebter Rede auftauchen darf…).

Für die kommende Themenausgabe stellen wir uns Beiträge der Digital Humanities vor, die das Auffinden von Beispielen im Rahmen der oben skizzierten Fragestellung aufgreifen.

Themenvorschläge:

  • Suche nach Beispielen und / oder Beispielgebrauch mit Hilfe von Text / Data Mining in literarischen Korpora (DTA, Zeno, Gutenberg etc.)
  • Digitale Annotation von Beispielen und Erzählpositionen
  • Automatisierte Identifikation von Beispielen
  • Kategorisierung von Beispielen mit Hilfe digitaler Methoden
  • Falsifikation von literaturwissenschaftlichen Thesen durch digital erkannte Gegenbeispiele
  • Erkennung von Beispielverwendung in Abhängigkeit vom Sprechmodus (z.B. indirekter Rede)

Umfang der Beiträge drei bis acht Seiten, maximal 28.000 Zeichen

Abstracts / Themenvorschläge mit Erläuterungen von höchstens einer Seite Umfang können bis zum 30.05. 2023 gesendet werden an: Frau Rebekka Röttger, rebekka.roettger@fernuni-hagen.de
Deadline für die fertigen Beiträge ist der 30.09.2023, der avisierte Erscheinungstermin des Heftes ist Ende 2023.

Literatur:

Aristoteles: Rhetorik. Übers. u. hg. von G. Krapinger. Stuttgart 1999.

Bettine Menke: Prosopopoiia. Stimme und Text bei Brentano, Hoffmann, Kleist und Kafka. München 2000.

Franz Kafka: Josephine die Sängerin oder das Volk der Mäuse. In: Drucke zu Lebzeiten. Frankfurt am Main 2002.

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Digital Humanities, Hermeneutik, Erzähltheorie, Rhetorische Figuren (Allegorie, Symbol, Metapher)

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Einrichtungen

FernUniversität in Hagen
Lehrgebiet für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Medienästhetik
Beitrag von: Helmut Hofbauer
Datum der Veröffentlichung: 27.03.2023
Letzte Änderung: 27.03.2023