Anthropogene Klima- und Umweltkrisen in der griechischen Gegenwartsliteratur im Vergleich
Call for Papers und Aufruf zur Teilnahme an der Forschungsgruppe
Anthropogene Klima- und Umweltkrisen in der griechischen Gegenwartsliteratur im Vergleich
DAAD-Projekt Hochschuldialog mit Südeuropa 2021
Deadline: 26.02.2021
Die Sorge um eine durch anthropogene Eingriffe in die Erdsysteme bedrohte Zukunft gehört zu den wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Belangen der Gegenwart. Bald werden die großen globalen Fragen, die vor der Covid-19-Pandemie die öffentlichen Debatten beherrschten, wieder verstärkt auf der Tagesordnung erscheinen: die Verschmutzung der Umwelt und der Meere, das Artensterben und allen voran der Klimawandel. Auch für die Geistes- und Kulturwissenschaften stellen diese Fragen große Herausforderungen dar. In dem breiten ökokritischen Diskursfeld, das inzwischen entstanden ist, fehlen derzeit jedoch noch weitgehend die Stimmen aus Südeuropa – ausgerechnet also die Beiträge derjenigen, deren Länder im europäischen Kontext am stärksten vom Klimawandel betroffen sein werden.
Im anglophonen und deutschsprachigen Umfeld hat die öffentliche Auseinandersetzung mit den anthropogenen Veränderungen des Planeten etwa seit der Jahrtausendwende eine lebhafte kulturelle Produktion angeregt,insbesondere auch in Form von neuen thematischen Genres (z.B. Klimawandelroman, Cli-Fi, Ökothriller, Umweltkrimi, anthropozänes Nature Writing). Sind im englischsprachigen Raum Romane wie Ian McEwans Solar (2010) oder Kim Stanley Robinsons New York 2140 (2017) entstanden, so reicht das Spektrum im deutschsprachigen von Ökothrillern wie Frank Schätzings Der Schwarm (2004) bis zu Auseinandersetzungen mit dem Klimawandel von Schriftstellern der Gegenwartsliteratur, die – wie Ilija Trojanow (EisTau, 2011) oder Thomas Steinaecker (Die Verteidigung des Paradieses, 2016) – das Thema auf je unterschiedliche Weise für sich fruchtbar machen. Doch auch in Griechenland sind schon erste literarische Reaktionen auf die globale Bedrohung durch anthropogene Umweltveränderungen zu beobachten, etwa Fräulein Unglück (Δεσποινίς Δυστυχία, 2012, als Theaterstück 2014) von Tsimaras Tzanatos, die Novelle Schwarzes Wasser (Μαύρο Νερό, 2019) von Michalis Makropoulos und sein Roman Das Meer (H θάλασσα, 2020) oder der Roman Und wenn morgen kein Tag mehr anbricht? (Κι αν δεν ξημερώσει; 2013) von Maria Kougioumtzi. Auch Romane von Michalis Modinos und Ioanna Bourazopoulou thematisieren Umweltfragen und Zukunftsdystopien. Allerdings wurden diese und andere einschlägige Texte von den griechischen Literaturwissenschaften und der Komparatistik bislang offenbar kaum zur Kenntnis genommen.
Das von Monika Albrecht (Universität Vechta) und Anastasía Antonopoúlou (Nationale und Kapodistrias-Universität Athen) geleitete Projekt will im Rahmen der DAAD-Förderlinie "Hochschuldialog mit Südeuropa" eine Öffnung der griechischen Literatur- und Kulturwissenschaften für diese aktuellen gesellschaftspolitischen Fragen anregen, dabei thematisch relevante literarische Texte aus Griechenland sammeln und durch Workshops und eine Konferenz mit anschließender Publikation die bereits vorhandene Forschung sichtbar machen. Gleichzeitig sollen mit komparatistischem Blick auf die breite deutsch- und englischsprachige literarische Produktion erste Forschungsfragen nach möglichen Gemeinsamkeiten gestellt werden. Das Projekt stellt das Erkenntnispotential der Literatur und die gesellschaftliche Relevanz der Auseinandersetzung damit in den Vordergrund: Texte der Gegenwartsliteratur, die sich mit anthropogenen Klima- und Umweltkrisen beschäftigen, werden als kulturelle Deutungsformen verstanden, die sich mit den individuellen und gesellschaftlichen Auswirkungen dieser Krisen auseinandersetzen und damit den vorherrschenden naturwissenschaftlichen Diskursen und abstrakten Klimamodellen auf anschauliche Weise Einsichten in komplexe ökologische Zusammenhänge entgegenstellen: Wie nehmen literarische Texte diese Gegenwartsfragen auf, welche fiktiven Realitäten kreieren sie, welche Alternativen zu herrschenden wissenschaftlichen und politischen Ansichten stellen sie vor, welche Lösungsvorschläge bieten sie an, welche Visionen entwickeln sie?
Neben einer Konferenz in Athen (11.-13. November 2021) sind ein digitaler Workshop im Juni und ein Workshop im September als Präsenzveranstaltung an der Universität Vechta (sofern die Covid-19-Pandemie dies zulässt) geplant. Reise- und Aufenthaltskosten stehen (in begrenztem Maße) zur Verfügung. Eine Veröffentlichung der Konferenzvorträge ist geplant.
Interessensbekundungen mit Kurzbio, einer kurzen Beschreibung der einschlägigen Expertise und bisherigen Beschäftigung mit dem Thema sowie möglichst schon einem Themenvorschlag zur Konferenz bitte bis zum 26.2.2021 an
apl. Prof'in Dr. Monika Albrecht
Universität Vechta
Fakultät III
Kulturwissenschaften
und
Prof'in Dr. Anastasía Antonopoúlou
Nationale und Kapodistrias-Universität Athen
Philosophische Fakultät
Deutsche Literatur und Vergleichende Literaturwissenschaft
anasant@gs.uoa.gr