ger: Was ist ein tugendhaftes Leben? Diese Frage ist nur schwer zu beantworten, da wir alle einen anderen Tugendbegriff haben: Für den einen kann dies schlichtweg bedeuten, keine Verbrechen zu begehen, für den anderen, sich in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, verschiedene wohltätige Organisation zu unterstützen etc. Umso wichtiger ist es, den Blick in die Antike und zum Ursprung der philosophischen Behandlung dieses Themas zu richten, denn der Tugendbegriff hat sich in den letzten Jahrhunderten sehr gewandelt. Dabei kann aufgrund der schier nicht enden wollenden Literatur zu diesem Thema kein Gesamtüberblick bis in die Moderne gegeben werden. Das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit liegt auf den Tugendkonzepten Aristoteles’, Platons und Plethons. Letzterer (dessen Namen leider immer mehr in Vergessenheit gerät) wandelte als Neuplatoniker auf Platons Pfaden, weshalb ein Vergleich mit seinem Idol äußerst spannend und ertragreich ist. So sehr er Platon huldigte, so sehr lehnte er die Lehre des Aristoteles ab. Doch nicht nur deshalb ist Plethon eine solch interessante Persönlichkeit, sondern auch wegen seines Plans, eine „Universalreligion“ zu etablieren. Dieser Wunsch war im byzantinischen Reich des 15. Jahrhunderts keinesfalls Usus und brachte Plethon nicht nur viel Anerkennung, sondern auch Schimpf und Schande ein. Für Plethon bilden die verschiedenen Tugenden die Grundlage, um sich Gott (interessanterweise Zeus!) zu nähern. Plethons Schrift Über die Tugenden stellt den Ausgangspunkt der Recherche dar. Diese wird in Form einer sich nahe am Originaltext orientierenden Zusammenfassung wiedergegeben, um dem Leser die parallele Lektüre von Original und Übersetzung zu erleichtern. Ausgehend von dieser bis heute relevanten Schrift werden die antiken, die weltlichen und christlichen Kardinaltugenden (mit kurzen Ausblicken auf verschiedene Epochen und Religionen) behandelt. Um nicht in einer Flut von Namen den Überblick zu verlieren, beziehe ich mich neben den drei eben genannten großen Denkern lediglich auf einige weitere Autoren. Anhand ausgewählter Werke wird der Tugendbegriff beleuchtet und daraus schlussendlich der Versuch generiert werden, eine Synopse dieser Tugendkonzepte zu bilden. Dass auch die ausgewählten Werke nur einen kleinen Eindruck dieses äußerst umfangreichen Themas vermitteln können, liegt ebenfalls auf der Hand. Die vorliegende Arbeit soll jedoch dazu anregen, sich weiter mit den verschiedenen Tugendkonzepten zu beschäftigen und vielleicht auch im Alltag etwas die Sinne hinsichtlich unseres zwischenmenschlichen Umgangs miteinander zu schärfen. Doch was ist nun unter Tugend zu verstehen? Tugend lässt sich vielleicht am besten unter Bezugnahme auf Platons Politeia so zusammenfassen: Wer anderen hilft (oder diesen zumindest nicht schadet), macht schon viel richtig.
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