Die Arbeit beginnt mit einer kritischen Rekonstruktion des Gedenk- und Forschungsdiskurses über ,Herder in Riga‘. Dabei werden drei Schwerpunkte gesetzt: Erstens werden ,Denkmäler‘ seit der Einweihung des Herder-Denkmals in Riga 1864 auf ihre kulturpolitischen Implikationen hin befragt. Zweitens werden ,Werkausgaben, Briefwechsel und Lebensbilder‘ seit der ersten postumen Gesamtwerkausgabe untersucht. Drittens werden ,Neuere Ansätze zur Edition und Interpretation‘ seit der Neuerschließung des handschriftlichen Nachlasses betrachtet. Im Zusammenspiel dieser drei Betrachtungsebenen wird die rückblickender Verfertigung verschiedener Bilder von ,Herder in Riga‘ metareflexiv nachvollzogen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dann auf einer konzentrierten Relektüre der Schriften der Rigaer Jahre 1765 bis 1769. Blickleitend ist dabei die These, dass Herder in diesen Texten ein zentrales Problem bearbeitet, das Problem der Volksbildung. Dieses wird erstmals im philosophischen Diskurs der sogenannten ,Philosophieschrift‘ identifiziert, um in angrenzenden Diskursfeldern weiter bearbeitet zu werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei den Feldern der praktischen Bildungsarbeit von Homiletik (,Der Redner Gottes‘), Pädagogik (,Von der Gratie‘) und Politik (,Publikumsabhandlung‘). Darüber hinaus wird das Projekt einer ,Revitalisierung der Poesie‘ nachgezeichnet, wie es in den poetologischen und literaturkritischen Reflexionen der Rigaer Jahre skizziert wird (,Dithyrambische Rhapsodie‘, ,Odenfragmente‘, ,Literaturfragmente‘). Analog dazu werden die Ansätze zu einer ,Reform der Prosakultur‘ rekonstruiert, wie sie im literaturkritischen und ästhetischen Diskurs entwickelt werden (,Literaturfragmente‘, ,Torso von einem Denkmal‘, ,Viertes Kritisches Wäldchen‘). [...] Englische Version: The study begins with a critical reconstruction of the memorial and research discourse on 'Herder in Riga'. Three focal points are set: First, the monument culture, beginning with the Herder monument in Riga 1864, is examined with regard to its political implications. Secondly, the philological disourse on Herders life and letters since the first posthumous edition of his complete works is considered. Thirdly, new approaches on edition and interpretation since the new catalogization of Herder’s ,Nachlass‘ are evaluated. In the interplay of these three levels of observation, the retrospective production of various images of 'Herder in Riga' is retraced. Departing from these observation, the study develops a series of close-readings of the writings of the Riga years 1765 to 1769. The guiding thesis is that Herder continuously works on a central problem in these texts, the problem of popular education (,Volksbildung‘). The study argues that this topic is discovered in the so-called ,Philosophieschrift‘ and subsequently processed in adjacent fields of discourse. A focus lies on the practical fields of popular education in homiletics ('Der Redner Gottes'), pedagogics ('Von der Gratie') and politics ('Publikumsabhandlung'). In addition, the project of a 'revitalization of poetry' is retraced, as outlined in the poetological and literary-critical reflections of the Riga years ('Dithyrambische Rhapsodie', 'Odenfragmente', 'Literaturfragmente'). Analogously, Herder’s approaches to a 'reform of the prose culture' are reconstructed, as developed in literary criticism and aesthetic discourse ('Literaturfragmente', 'Torso von einem Denkmal', 'Viertes Kritisches Wäldchen'). [...]
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