Sie wissen nicht, wer Carla war? Nun ja, selbst gute Kenner des Mann-Clans werden sich besinnen müssen. Sie war die jüngere Schwester der beiden berühmten Brüder und setzte ihrem Leben schon 1910 mit 29 Jahren ein Ende. Sie war Schauspielerin geworden; nur mit der Berühmtheit ihrer Brüder wollte es wohl nicht werden. In Ermangelung "handfester autobiografischer Zeugnisse", blieben Jasper bei aller offensichtlichen Bemühtheit doch nur erneut ausgiebig die Zeugnisse des ihr innigst verbundenen Heinrich (vgl. BA 6/07, wo Carla schon ein Kapitel gewidmet ist) und die erfreulich nüchternen Notizen des jüngeren Bruders Viktor (vgl. BA 3/95). Mit dem Ergebnis, dass ihm Carlas Schicksal schließlich wie ein "Schlüssel zum Verständnis" der gesamten "verrotteten" Dichter-Familie erscheinen will; symptomatisch endet sein Buch mit den Grablegen. Jasper zeigt sich erneut als ein überaus bewanderter Analytiker der gesellschaftlich-familiären Verhältnisse, in die Clara hineinwuchs und scheiterte. Könnte überall Interesse wecken, wo andere Familien-Mitglieder Aufmerksamkeit fanden. Edel gestaltet und illustriert. (3) (Otto-Rudolf Rothbart) Der Mann-Clan fasziniert die Deutschen immer neu. Kein Wunder, bot er doch alles, was den voyeuristischen Bürgerblick befriedigt: Prunk und Ruhm, Absturz und Selbstmord, Rausch und Exzess, Homosexualität und Inzest. Im brüderlichen Wettkampf Mann (Thomas) gegen Mann (Heinrich) blieben vor allem die Frauen auf der Strecke, nicht zuletzt Carla, die jüngste Schwester. Sie brachte sich, nur 28-jährig, mit Zyankali um. Anhand zahlreicher neuer Quellen schildert Willi Jasper erstmals ihr tragisch kurzes Leben und die mysteriösen Umstände ihres Todes. Über das bewegende Porträt Carlas hinaus gelingt ihm ein neuer, aufschlussreicher Blick auf die Schriftsteller-Brüder und die Mann-Familie insgesamt. „Über die Familie Mann ist bereits viel zu viel geschrieben worden, doch die so tragisch aus dem Leben geschiedene Carla wurde dabei nie mit großer Aufmerksamkeit bedacht. Umso verdienstvoller ist es, dass der Heinrich Mann-Kenner Willi Jasper mit dem Buch "Carla Mann. Das tragische Leben im Schatten der Brüder", an dem lediglich der Titel reißerisch ist, sein Augenmerk auf diese auch innerhalb der Familie bald verdrängte Frau gerichtet hat. Jasper zeigt auf, dass Heinrich, der zehn Jahre ältere und bereits erfolgreiche Schriftsteller, eine große Macht über seine Schwester besaß, und diese zwar in ihrer Hoffnung auf eine schauspielerische Karriere beförderte, sie aber nie wirklich ernsthaft unterstützte“ (taz)
|