Rituale können sozial wirksam sein, weil sie auch ästhetisch in den Bann ziehen. Beides gehört unauflösbar zusammen. Das Werk Stefan Georges (1868-1933) stellt in der deutschen Literaturgeschichte der Moderne den bedeutendsten und konsequentesten...
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Rituale können sozial wirksam sein, weil sie auch ästhetisch in den Bann ziehen. Beides gehört unauflösbar zusammen. Das Werk Stefan Georges (1868-1933) stellt in der deutschen Literaturgeschichte der Moderne den bedeutendsten und konsequentesten Fall einer Ästhetik des Rituals dar. Unter der Kategorie des Rituals läßt sich die innere Einheit seines Lebens und Werkes rekonstruieren. Georges Werk ist gleichsam ein einziges Übergangsritual, das die deutschsprachige Lyrik dem europäischen Ästhetizismus und Symbolismus geöffnet hat. Seine Rituale der Literatur entfalteten früh ihre soziale Bindekraft im Kreis der Jünger. Sie waren entscheidend für die große, aber erst ansatzweise erforschte Wirkung Georges auf die deutsche Literatur, auf die Politik und auf die Universitäten. The social power of rituals is a function of their aesthetic fascination; the one is unimaginable without the other. In modern German literature, Stefan George's works (1868-1933) represent the most significant and consistent case of a ritualistic aesthetic. Indeed, the indissoluble unity between George's work and his life can be reconstructed in terms of the category of ritual. George's entire oeuvre is something akin to one huge transition ritual opening up German lyric poetry to the traditions of aestheticism and symbolism. His literary rituals proved their cohesive potency early on in connection with the master/disciple nature of his famous "Circle". They were of decisive importance for the major impact that George had on literature, politics and academe in Germany, an impact that has only just begun to be fully appreciated and examined.