Klappentext: In Robert Musils Mann ohne Eigenschaften wird eine ganze Reihe von Wissenschaften diskutiert. Die Hauptfigur ist Mathematiker, beschäftigt sich aber mit Mystik. Wichtige Figuren sind der Ökonom Arnheim, der Pädagoge Lindner und der Rechtswissenschaftler Schwung. Musil schildert ausführlich deren wissenschaftlichen Überlegungen, was so weit geht, dass der Roman sich als seitenlange Paraphrase des zeitgenössischen wissenschaftlichen Gedankengutes lesen lässt. In den in den sogenannten Druckfahnenkapiteln, also der 1937/1938 in Druck gegebene, aber wegen der Einstellung des Verlages nicht mehr veröffentlichte Teil, zitierten Texten beschäftigt sich der Mathematiker respektive Mystiker Ulrich mit Gefühlspsychologie. Mathematik, Mystik, Ökonomie, Pädagogik, Rechtswissenschaften, Psychologie wären also neben Wissenschaftstheorie die Wissenschaftsbereiche, mit denen sich Musil im Roman auseinandersetzt. Betrachtet man die im Nachlass befindlichen Notizen, Entwürfe und Versionen, zeigt sich eine Fülle von direkten Hinweisen auf namentlich genannte Wissenschaftler und genau angegebene Theorieansätze (so z.B. Psychoanalyse Freuds oder Relativitätstheorie Einsteins), die dann im fertigen Romantext merkwürdigerweise lediglich indirekt erscheinen. Da die Spuren dieser intensiven Beschäftigung mit modernen Wissenschaften im Romantext verwischt sind, muss das Tilgen von direkten Hinweisen ein zentrales schreibstrategisches Anliegen gewesen sein. Robert Musil und die modernen Wissenschaften beleuchtet das Problemfeld nicht nur bezogen auf die angesprochenen Einzelakteure und Einzelwissenschaften, sondern in seinen historischen Dimensionen und poetologischen Konsequenzen.
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