Notker I. von St. Gallen, ein frühmittelalterlicher Mönch der Abtei St. Gallen, preist in seiner Sequenz Iohannes Iesu Christo den Evangelisten Johannes als den »Jünger, den Jesus liebte«. Der Artikel rekonstruiert zunächst die Figur des...
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Humboldt-Universität zu Berlin, Universitätsbibliothek, Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum
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Notker I. von St. Gallen, ein frühmittelalterlicher Mönch der Abtei St. Gallen, preist in seiner Sequenz Iohannes Iesu Christo den Evangelisten Johannes als den »Jünger, den Jesus liebte«. Der Artikel rekonstruiert zunächst die Figur des Lieblingsjüngers anhand der biblischen und legendarischen Quellen. Er analysiert dann das Zusammenspiel von religiösem Inhalt und ästhetischer Form in Notkers Sequenz und untersucht ihren Gebrauch im Zusammenhang der lateinischen Messe, deren Teil sie war. Der zweite Teil des Beitrags wendet sich einem volkssprachlichen Gebetbuch für mittelalterliche Nonnen zu, das die betreffende Messe mit Elementen des Stundengebets verbindet, einschließlich einer Übersetzung des frühmittelalterlichen Hymnus Sollemnis dies advenit, der ein Gegenstück zur Sequenz Iohannes Iesu Christo darstellt. Der Beitrag schließt mit allgemeinen Überlegungen zum Verhältnis von Liturgie und Ästhetik in Bezug auf die Sequenz, die lateinische Messe und das deutsche Gebetbuch. In his sequence Iohannes Iesu Christo, Notker the Stammerer, an early medieval monk at the Abbey of St. Gall, praises John the Evangelist as the »beloved disciple of Jesus«. The article first reconstructs the figure of the beloved disciple on the basis of its biblical and legendary sources. It then analyses the interplay between religious content and aesthetic form in Notker’s sequence and investigates its practical use in the context of the Latin mass it was part of. The second part of the article turns to a vernacular prayer book for medieval nuns which combines the above-mentioned mass with elements of the Liturgy of the Hours, including a translation of the early medieval hymn Sollemnis dies advenit, a counterpart to the sequence Iohannes Iesu Christo. The paper concludes with general thoughts on the relationship between liturgy and aesthetics with respect to the sequence, the Latin mass, and the German prayer book. Peer Reviewed