Gegenstand der vorliegenden Fallstudie ist der durch die geringe internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Steinkohlebergbaus ausgelöste Strukturwandel im Ruhrgebiet im Untersuchungszeitraum von Ende der 1950er Jahre bis 2015. Die Fallstudie beschreibt den historischen Strukturwandelprozess und analysiert die in Reaktion auf diesen Prozess umgesetzte Strukturpolitik mit dem Ziel, dieses Wissen für zukünftige Strukturwandelprozesse in anderen (Kohle-)Regionen zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck kategorisiert die Fallstudie die strukturpolitischen Interventionen in „konservierend“, „nachsorgend“ und „vorausschauend“ und bewertet ihre (intendierten) Wirkungen anhand der Dimensionen „Ökonomie“, „Soziales“, „Ökologie“ und „regionale Identität“. Die strukturpolitischen Interventionen im Ruhrgebiet waren zunächst stark konservierend ausgerichtet und zielten auf den Erhalt der Montanindustrie sowie auf die Abfederung sozialer Härten. Dies spiegelte sich auch in den gesellschaftlichen Diskursen im und über das Ruhrgebiet wider, die zentral durch das Paradigma „Kein Bergmann fällt ins Bergfreie“ geprägt waren. Erst die regionalisierte Strukturpolitik ab Ende der 1980er Jahre und die stärker vorausschauend ausgerichtete kompetenzfeldorientierte Strukturpolitik seit Beginn der Jahrtausendwende ermöglichten eine Diversifizierung der Wirtschaft. Legt man die vom Projektkonsortium entwickelten Wirkungsdimensionen zugrunde, so lässt sich der überwiegende Teil der strukturpolitischen Interventionen im Ruhrgebiet den Wirkungsdimensionen „Ökonomie“ und „Soziales“ zuordnen. Die Wirkungsdimensionen „Ökologie“ und „regionale Identität“ wurden vor allem ab Ende der 1980er Jahre mit innovativen strukturpolitischen Interventionen, wie der Internationalen Bauausstellung Emscher-Park, angesprochen. Wichtige Erkenntnisse sind u. a., dass viele strukturpolitische Interventionen im Ruhrgebiet nur umgesetzt werden konnten, weil spezifische Rahmenbedingungen (Zeit, finanzielle Ressourcen, Sozialversicherungssysteme, Sozialpartnerschaft, Montanmitbestimmung) dies ermöglichten, und dass es wichtig ist, Wandel nicht zur zuzulassen, sondern ihn mit einem politikfeldübergreifend (Arbeitsmarktpolitik, Bildungspolitik etc.) integrierten Gesamtpaket aus vorausschauenden Interventionen (zur Stärkung endogener Entwicklungspotenziale) und nachsorgenden Interventionen (zur Abfederung sozialer Härten) aktiv zu gestalten. This case study examines the structural change in the Ruhr area caused by the low international competitiveness of German hard coal mining over the investigation period from the late 1950s to 2015. The case study describes the historical structural change process and analyses the structural policies that were implemented as a reaction to this process. Its objective is to make this knowledge available for future structural change processes in other (coal) regions. For this purpose, the case study categorises the structural policy interventions as “preserving”, “reactive” and “forward-looking” and evaluates their (intended) impact by using the dimensions “economy”, “social welfare”, “ecology” and “regional identity”. Initially, the structural policy interventions in the Ruhr area had a very preserving orientation and aimed to maintain the coal and steel industry and to cushion social hardships. This was also reflected in the societal discourse in and about the Ruhr area, which was mainly characterised by the paradigm “no miner shall be unemployed”. The regionalised structural policy of the late 1980s and the more forward-looking sector expertise-orientated structural policy since the turn of the millennium made a diversification of the economy possible. Using the impact dimensions developed by the project consortium, the structural policy interventions in the Ruhr area are primarily to be classified as serving the “economy” and the “social welfare” impact dimensions. The “ecology” and the “regional identity” impact dimensions were addressed primarily from the late 1980s through innovative structural policy interventions, such as the International Building Exhibition (IBA) Emscher Park. Important findings include the fact that many structural policy interventions in the Ruhr area could only be implemented because specific framework conditions (time, financial resources, social security systems, social partnership, co-determination in the coal and steel industry) allowed it and that it is important not to just let change happen but to actively shape it with a comprehensive cross-policy (labour market policy, education policy, etc.) integrated package of forward-looking interventions (to strengthen endogenous development potential) and reactive interventions (to cushion social hardships).
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