Helge Gerndt, von 1980 bis 2004 Professor für Volkskunde an der Universität München, untersucht mit aktuellem Blick ‚sagenhafte‘ Fragen: zur Entdeckung der Sagen zwischen Aufklärung und Romantik, zur Sagenforschung, zum Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Traditionsprozess, zu Sagen als Zeichen ihrer Zeit und schließlich zur Frage nach der ‚Wahrheit‘, die in den Sagen steckt. Gerndt erörtert sagenhafte Geschichten als ein Modell, das verschiedene Aspekte von Wirklichkeit repräsentiert. Er zeigt in dreizehn Kapiteln anschaulich, wie sich in oft kleinen, überraschenden Geschichten die Alltagswelt der Neuzeit zwischen Wahrheitsanspruch und Zweifel darstellt und spiegelt. Als Roter Faden zieht sich die Frage nach Wahrheitsanspruch, Wirklichkeit und Zweifel durch das überaus lesens- und bedenkenswerte Buch. Die Frage des Pontius Pilatus "Was ist Wahrheit?" findet schon in der Erzählung von der Verurteilung Jesu im Johannes-Evangelium (Joh 18,38) keine Antwort. Warum sollte es gerade im Reich der Sage anders sein? – Helga Maria Wolf, in: Austria Forum. Ganz nebenbei gibt er uns damit Werkzeug in die Hand, um alten oder neuen Sagen und Balladen über historische Persönlichkeiten genauer auf den Zahn zu fühlen. Eigentlich so ein Buch, auf das wir alle gewartet haben, und das unbedingt angeschafft werden muß! – Gabriele Haefs, in: FOLKmagazin 351 5/20. Der Band richtet sich ausdrücklich nicht allein an ein Fachpublikum, sondern an einen breiteren Interessentenkreis. [...] Man wird den Band auch später wieder zur Hand nehmen. – Thomas Schürmann, in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 64/65 2019/2020, S. 170 f. More subtle is the author’s placement of his legend study within the modern discipline, no longer called Volkskunde but now for the most part Europäische Ethnologie, or some similar-sounding designation like Kulturanthropologie. Gerndt’s book would have been in the past basic for a seminar or course on legend, but such courses are now rare in Germany and Austria, found today more likely in language and literature departments. This book intertwines these narratives with past and present societies, fulfilling the “Decade of Theoretical Confrontation, Debate, and Reorientation (1967-1977)” when the discipline underwent its call for viewing history from below. In this way Sagen could still be an exciting topic for students who appreciate a history of the discipline, integrating the past with the present. – James R. Dow, in: Journal of Folklore Research.
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