Warum fasziniert uns Kleist mit neuer Intensität? Was ist das Besondere am Kleist-Erlebnis; wie lässt es sich beschreiben? Welche Affinitäten und Konvergenzen bestehen zwischen Kleists eigentümlichen Darstellungen und unserer Gegenwartskultur? Der Rezeptionsboom, den die Texte Kleists in den letzten Jahren erfahren haben, scheint sich nicht primär überraschenden Funden, neuen Anschlüssen an gegenwärtige Theorieformen oder anderen Möglichkeiten ihrer Aktualisierung zu verdanken, sondern Kleists ganz eigentümlichen Denkformen und Schreibweisen. Die Beobachtungen und Beschreibungen seiner Intensität, seiner Plötzlichkeit, seiner eigentümlichen Textwelten und Haltungen erregen darüber hinaus auch kulturdiagnostisches Interesse: auf welche kulturelle Disposition treffen Kleists Texte mit neuer Wucht? Mit Beiträgen von Günter Blamberger, Karl Heinz Bohrer, Hans Ulrich Gumbrecht, Wilhelm Voßkamp, David E. Wellbery u. a. „Im Mittelpunkt von Kleists Dramen, Erzählungen, Briefen, Essays und Anekdoten steht die Sprache der Gefühle. Sie ist ausgelagert in Gesten (Erröten, Erblassen, Niedersinken) und Mimik. Dieses antipsychologische Erzählen gegen die Regeln klassischer Anthropologie ist nichts Neues. Max Kommerell hat schon 1937 Kleist als einen Autor bezeichnet, „der mit den Mitteln der Sprache in Gebärden dichtete“. Neu aber ist das kulturdiagnostische Interesse an diesen Gebärden, die den Figuren oft absichtslos entschlüpfen. Einfach gefragt: Wie konstruiert Kleist die intensiven Bilder der Körperperformanz? Welche rhetorischen Strategien werden dabei eingesetzt? Und welche Schreibhaltungen verbergen sich dahinter? Der vorliegende Forschungsband zeichnet sich dadurch aus, dass er diesen Fragen zwar das Gewicht einer neugierigen Wissenschaft gibt, feste philosophische Prämissen oder methodologische Vorentscheidungen aber vermeidet“ (literaturkritik.de)
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