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  1. Bessere Tragödien, besseres Italienisch? : Alessandro Manzonis "Lettre à M. Chauvet"
    Erschienen: 07.06.2024

    Von Alessandro Manzonis 'italienischem' Beitrag zur europäischen Romantik-Debatte, der "Lettre à M.r C*** sur l'unité de temps et de lieu dans la tragédie", gibt es keine italienische Ausgangsversion. Im strengen Sinn handelt es sich bei dem hier... mehr

     

    Von Alessandro Manzonis 'italienischem' Beitrag zur europäischen Romantik-Debatte, der "Lettre à M.r C*** sur l'unité de temps et de lieu dans la tragédie", gibt es keine italienische Ausgangsversion. Im strengen Sinn handelt es sich bei dem hier infrage stehenden Text also nicht um eine Selbstübersetzung, sondern um ein Schreiben in der Fremdsprache Französisch, für das sich sein Autor gegenstands- und situationsbezogen entscheidet. Gleichzeitig ist bekannt, dass Manzonis Schreiben von französischer Politik, französischer Wissenschaft und Kultur gar nicht zu trennen ist. [...] Manzoni erfindet mit den "Promessi Sposi" Sprache als Dichtung und Dichtung als Sprache, als sogenannte National- und Weltliteratur. Die "Lettre à M. Chauvet" markiert dabei, so möchte ich im Folgenden zeigen, eine Art sprachlichen Wendepunkt, an dem die Sprache zu einem metaphorischen Exil wird und als ebenso kontingent wie notwendig erscheint. Der durch die "Lettre à M. Chauvet" initiierte Wissenstransfer wird bedingt durch die spezifische sprachliche und politische Situation Italiens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nur vor diesem Hintergrund wird Manzonis biographische, kulturelle und sprachliche Zwischenposition verständlich. Denn erst im Abgleich der mehrsprachigen Situation (Dialekt, Französisch, hochitalienische Schriftsprache) mit dem Medium einer kodifizierten Schriftsprache (dem Französischen) wird jene Mehrsprachigkeit zu einem Mangel (I.). Die Kluft zwischen geschriebener und gesprochener Sprache wird in der französischen Fremdsprache zu einem epistemischen Zwischenraum, der - je nach Sprecher- und Adressatenperspektive - verschiedene Wissensbereiche betrifft. Editionsphilologisch wird der einzige von Manzoni auf Französisch publizierte Text zu einem Problem von Autorschaft: Co-Autorschaft scheint noch heute (oder gerade heute) philologisch einen Stein des Anstoßes darzustellen (II.). Auf der Ebene des poetologischen Gegenstands zeigt ein Vergleich der frühen Textfassung ('Primo Sbozzo') mit der Druckfassung, dass dieser Text sich im Verlauf der Abfassung mehr und mehr von seinem Ausgangstext (Manzonis Tragödie "Il Conte di Carmagnola" und deren Rezension durch Victor Chauvet) löst und zu einer zukünftigen Poetik der "Promessi Sposi" tendiert (III.). Die kulturelle Zwischenposition des Textes führt dazu, dass der Herausgeber Fauriel auf französischer Seite Manzonis Position als Kritik eines 'Outsiders' gezielt nutzen kann - davon zeugen die textuelle Rahmung wie auch die Missverständnisse, die im Briefwechsel geklärt werden; der Dichter Manzoni wiederum wird in der Perfektionierung des Französischen immer mehr auf das Problem einer sprachlichen Unverständlichkeit des Schriftitalienischen gestoßen (IV.). In der Zusammenfassung lässt sich die "Lettre à M. Chauvet" als offener Text beschreiben, an dem sich, je nach Produktions- und Rezeptionsperspektive, poetologische, subjekttheoretische, kultur- und sprachkritische Fragestellungen kreuzen (V.).

     

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    Quelle: CompaRe
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); Teil eines Buches (Kapitel)
    Format: Online
    ISBN: 978-3-86599-467-7
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800)
    Sammlung: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
    Schlagworte: Manzoni, Alessandro; Mehrsprachigkeit
    Lizenz:

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  2. Schreibakte an den Grenzen der Lesbarkeit : die Heilige Schrift in Flauberts "Tentation de saint Antoine"

    Ich möchte im Folgenden Flauberts gattungslosen Text der Tentation de saint Antoine – das 'Werk seines Lebens' ("oeuvre de ma vie") – als jenen metatextuellen Ort vorstellen, an dem Flaubert über Jahrzehnte hinweg den Status poetischauktorialen... mehr

     

    Ich möchte im Folgenden Flauberts gattungslosen Text der Tentation de saint Antoine – das 'Werk seines Lebens' ("oeuvre de ma vie") – als jenen metatextuellen Ort vorstellen, an dem Flaubert über Jahrzehnte hinweg den Status poetischauktorialen Sprechens experimentiert hat. Flauberts Antonius ist ein Wüsteneremit, der eine Nacht lang standhaft die seltsamsten dämonischen Erscheinungen abwehrt. Dabei nimmt der biblische Text insofern eine herausragende Funktion ein, als Antonius' Versuchungen durch die Lektüre der Heiligen Schrift allererst ausgelöst werden. Entscheidend ist aber, dass die anonyme Erzählstimme, die den Text präsentiert, Antonius nicht als jemanden darstellt, der vom Glauben (an die Heilige Schrift) abgefallen wäre, sondern als einen Eremiten, der temporär einer Halluzination erliegt. Damit bleibt der Antonius der Tentation ein christlicher Asket, der an die Heilige Schrift glaubt, womit er sich – und das macht die metapoetische Relevanz des Textes aus – der Modellierung desjenigen Romanciers widersetzt, der für seine Literatur das Göttliche beansprucht. Anders als Emma Bovary, die sich wegen ihres sentimentalischen Glaubens an die Schrift umbringt, und anders als Bouvard und Pécuchet, die dumm an den gleichen Wert aller Literatur glauben und die Schrift nur noch kopieren, legt Antonius eine absolute Resilienz im Glauben an die einzige Heilige Schrift an den Tag. Die Tentation de saint Antoine wirft damit ein neues Licht auf das moderne Erzählen im Zwischenraum von Religion und Literatur: Sie markiert – weder Heiligenvita noch Roman – einen theatralischen Ort an den Rändern der Literatur, an dem Erzähler und Figur sich ihre Positionen in einem agonalen Spiegelverhältnis abringen. Bezogen auf Flauberts paradoxes Autorkonzept des deus absconditus zeigt sie weniger dessen starke als dessen schwache Seite: Der Schreiber der Tentation ist ein Zweifler, der ganze Bibliotheken ins Spiel bringt, der der Heiligen Schrift ihr Heiliges entzieht und der seine Souveränität als narrateur von einer starken, widerständigen Figur immer wieder infrage gestellt sieht. Als narrativer deus absconditus ist er so unsichtbar, dass er von einer Rezeption, die die Antoniusfigur umstandslos als Maske des 'Eremiten von Croisset' auffasst, nicht einmal wahrgenommen wurde.

     

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    Quelle: CompaRe
    Sprache: Deutsch
    Medientyp: Teil eines Buches (Kapitel); Teil eines Buches (Kapitel)
    Format: Online
    ISBN: 978-3-7705-5243-6
    DDC Klassifikation: Literatur und Rhetorik (800)
    Sammlung: Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung (ZfL)
    Schlagworte: Flaubert, Gustave; La tentation de Saint-Antoine; Bibel; Schreiben <Motiv>
    Lizenz:

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