CfP/CfA Veranstaltungen

Kanon revisited: Diversifizierende Analysen kanonischer Texte, Bern und Fribourg

Beginn
18.01.2024
Ende
20.01.2024
Deadline Abstract
21.05.2023

Kanon revisited: Diversifizierende Analysen kanonischer Texte

Literaturwissenschaftliche Tagung in Bern und Fribourg, 18.–20. Januar 2024

 

Der deutschsprachige literarische Bildungskanon, der bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts auch ein Lektüre- und Schulkanon war, ist im Wesentlichen ein Kind der überwiegend protestantischen, fast ausschließlich männlichen Literaturwissenschaft, wie sie sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts herausgebildet hat. In der jüngeren Vergangenheit hat sich gegen diesen Kanon verschiedentlich Widerstand formiert. Dieser Widerstand drückt sich zum einen dadurch aus, dass Vorschläge für Gegenkanones gemacht oder für die Erweiterung oder die Revision des Kanons plädiert wurde, jedoch häufig unter Beibehaltung bewährter Fragestellungen. Zum anderen wurde die Literaturwissenschaft durch die Gegenwartsliteratur gezwungen, ihr Analyseinstrumentarium anzureichern und neue Blickweisen auf eine Literatur zu entwickeln, die nicht mehr den gängigen Paradigmata des traditionellen Kanons entspricht. Dazu dienten etwa gender- und queertheoretische Ansätze, ein postkolonialer Zugang mit antiklassistischer oder antirassistischer Akzentuierung.

Im Anschluss an die postkolonialistischen Fragestellungen, die schon seit einigen Jahren an Texte des traditionellen Kanons des 19. und frühen 20. Jahrhunderts gelegt wurden, sollen weitere neue methodische Konzepte auch an früheren und späteren Texten des Kanons erprobt werden, um Konstellationen aufzudecken, die einer traditionellen Literaturwissenschaft verborgen bleiben. Eine Revisitation des Kanons unter neuen Blickwinkeln kann nicht zuletzt auch dazu dienen, den traditionellen Kanon für die gegenwärtige Literaturwissenschaft und den Literaturunterricht zu revitalisieren, ohne dadurch mit einer wünschenswerten Erweiterung des Kanons zu konkurrieren. Es ist nicht nötig, mit allen bewährten Gegenständen aufzuräumen, sondern geboten, andere Blickwinkel einzunehmen. Als Ergänzung zur Erweiterung und Revision des Kanons erscheint uns die Aktualisierung der Zugangsweisen zu Texten des traditionellen Kanons erstrebenswert. So ließe sich die Kluft schließen zwischen dem, was gesellschaftlich als relevant gilt, und der textwissenschaftlichen Arbeit mit kanonischen Texten an der Universität und in der Schule.

Hier ansetzend wollen wir auf einer zweitägigen Tagung in Freiburg und Bern eine Diskussion über innovative Ansätze zur Revisitation des deutschsprachigen literarischen Kanons führen. Vertieft und erprobt werden sollen diversifizierende Lesarten alter, als wertbeständig geltender Texte. Zwar mögen die dadurch hörbar werdenden Stimmen und sichtbar werdenden Konstellationen nicht immer die sein, die denjenigen eigen waren oder sichtbar wurden, die die Texte autorisiert, interpretiert und kanonisiert haben, doch enthalten die kanonischen Texte stets mehr als nur den herrschenden Mainstream, weil sie weltdarstellend auch verborgene, randständige oder unbewusste Momente der Kultur mittransportieren, die eine einseitige Sicht auf den Kanon bewusst ausgeblendet hat.

Erwünscht sind Vorschläge für Beiträge zur genannten Diskussion, die kanonische Texte in Hinsicht auf die textliche Codierung von Otherness, sei es in Hinsicht auf Gender, Identität oder Begehren untersuchen. Es gilt kolonialistische Strukturen und ökonomische oder medizinpolitische Ausgrenzungsmuster in den Blick zu rücken und vulnerable Identitätskonstrukte lesbar zu machen.

Die vier Panels der Tagung fokussieren zum einen gendertheoretische, feministische Leseweisen, queer-theoretisch fundierte Re-lektüren, anti-rassistische Sichtweisen auf Texte und Fragestellungen, die sich der Alterisierung im Kontext der Ökonomie bzw. klassistischer Stereotype widmen. Es sind uns sowohl Beiträge willkommen, die dieser Frage auf inhaltreicher Ebene nachgehen oder aber auch die narrativen Strukturen besprechen, die zur Produktion von Otherness gedient haben.

Senden Sie bitte bis 21. Mai 2023 einen maximal einseitigen Vorschlag für ein etwa 25minütiges Referat sowie eine kurze Notiz zur Person an die Organisator:innen der Tagung: katja.kauer@uni-tuebingen.demelanie.rohner@unibe.ch und arnd.beise@unifr.ch.

Bis Anfang Juli erhalten Sie von den Organisator:innen Nachricht wegen des eingereichten Vorschlags.

Vorbehaltlich einer noch ausstehenden Finanzierungszusage ist geplant, die Anreise- und Übernachtungskosten in vollem Umfang zu übernehmen und die Beiträge im Anschluss an die Tagung zu publizieren.

Quelle der Beschreibung: Information des Anbieters

Forschungsgebiete

Literatur aus Deutschland/Österreich/Schweiz, Gender Studies/Queer Studies, Postkoloniale Literaturtheorie, Poetik

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Datum der Veröffentlichung: 24.04.2023
Letzte Änderung: 24.04.2023