Das Studienobjekt ist The Book of Mormon (1830), welches höchst selbstreflexiv ist. Die Studie folgt dem Impuls des Affective Turn und nutzt die spezifische Entwicklung des Begriffs des Postsäkularen (Jürgen Habermas) nach Burkhard Hasebrink und Peter Strohschneider. In der Studie wird die Kategorie Heilige Schrift betrachtet – Texte, die dem Prozess der Scripturalization (Seth Perry) unterliegen. Viele solche Texte wurden auf einen transzendenten Schreibbefehl (Ursula Peters) hin geschrieben und werden von Gläubigen als Epiphanie (Mircea Eliade) betrachtet. Die besonderen Eigenschaften und das Selbstverständnis solcher Texte macht einen säkular-wissenschaftlichen Zugang besonders schwierig. Die Studie betont die Performativität (J. L. Austin) solcher Texte und entwickelt einen Ansatz, die Performativität des geschriebenen Textes zu erfassen. Sie hinterfragt das Konzept von Heiliger Schrift „als Literatur“ mit dem pragmatisch-historisierenden Literaturbegriff von Fotis Jannidis, Gerhard Lauer und Simone Winko. Der Textbegriff beruht auf Konrad Ehlichs Überlieferungstext. Die selbstreflexiven textimmanenten Rezeptions-Anweisungen von The Book of Mormon werden mit der südasiatischen Rasa-Ästhetik gefasst, insbesondere anhand der Dhvani-Schule der Theoretiker Ānandavardhana und Abhinavagupta. Die Ästhetik-Tradition betont das Primat der empathisch-affektiven Kunsterfahrung, und die Dhvani-Schule behauptet, dass die affektive Gesamtbedeutung eines Werks in der emotionalen Entwicklung des Protagonisten liegt. Rasadhvani schlägt zwei unterschiedliche jedoch komplementäre Lesemethoden für Heilige Schrift vor: als śāstranaye (Glaubenslehre) und als kāvyanaye (affektive Poesie). Die verschiedenen theoretischen Begriffe werden weitestgehend aus dem Text heraus legitimiert, z. B. wird die Fiktionalität (Jannidis, Lauer und Winko) durch die Linse der utopischen Methode (Hans-Jürgen Krysmanski) betrachtet. Die Studie argumentiert, dass The Book of Mormon sich als mikrokosmischen Experimentalapparat (Krysmanski) und ...
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