"Kybernetik in philosophischer Sicht" war der Titel des für Generationen von Philosophen in der DDR und weit darüber hinaus grundlegenden Werkes von Georg Klaus. In einer Rezension der Arbeit für die Zeitschrift für Philosophie begrüsste einer der Herausgeber diese als entscheidendes Werk gegen den Dogmatismus in der Philosophie, und leitete die Rezension mit den Worten von Karl Marx in seinem Brief an Ruge ein: "Wir treten dann nicht der Welt doktrinär mit einem neuen Prinzip entgegen: Hier ist die Wahrheit, hier kniee nieder! Wir entwickeln der Welt aus den Prinzipien der Welt neue Prinzipien." Dass damals die Frage des Dogmatismus in der Philosophie und seine Überwindung im Vordergrund stand, entsprach dem Geist der Zeit. Wenn heute - 40 Jahre nach dem Erscheinen des Klaus'schen Werkes - die Zukunft schon begonnen hat, läuft man Gefahr zu vergessen, durch wen und durch was die Grundlagen für sie gelegt wurden, was ihre Vorboten waren. Die "Kybernetik" selbst ist in ihrer ursprünglichen Form schon ein Teil der Vergangenheit, da ihre Erkenntnisse von den konkreten Einzelwissenschaften aufgenommen wurden. Ihr Siegeszug aber ist nicht zu leugnen. Doch ist es zurückblickend erstaunlich, welch grosse Hoffnungen, vor allem die wissenschaftliche Welt, seinerzeit mit der Entwicklung der Kybernetik verband. Da war vor allem die Förderung des interdisziplinären Denkens durch die Kybernetik, die es ermöglichte, dass Vertreter unterschiedlicher Disziplinen miteinander kommunizieren können. Kybernetik sollte alle Bereiche der Wissenschaft und des gesellschaftlichen Lebens revolutionieren. Heute nun scheint es so, als sei von alledem nur noch die Vorsilbe im Wort "Cyberspace" geblieben. Ziel des gemeinsamen Kolloquiums der Leibniz-Sozietät und der Deutschen Gesellschaft für Kybernetik war es aufzuzeigen, wie aktuell kybernetisches Denken nach wie vor ist. Die heutigen globalen digitalen Netze, die Datenautobahnen und Information-Highways, die virtuellen Welten usw. wären ohne die grundlegenden Arbeiten von damals nicht denkbar. So auch nicht ohne den Versuch von Georg Klaus, mit Hilfe einer dialektisch interpretierten Kybernetik und einem konkreten Humanismus, den Dogmatismus in der Philosophie, in der Politik, aber auch im kybernetischen Denken selbst, entgegen den äusseren Umständen, zu überwinden.
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