Aus dem Tagebuch zwischen 18. Oktober 1980 und 14. Februar 1992: Im Herbst 1980, als Solidarność im polnischen öffentlichen Leben immer bedeutender wurde, beschloß ich, Tagebuch zu führen. Ich wollte darin das politische Leben festhalten, so wie ich es sah, aber auch das, was ich zu hören bekam, seien es auch nur Gerüchte. Dabei sollte ich eigentlich von einem Nacht- und nicht einem Tagebuch sprechen, denn ich setzte mich stets kurz vor dem Schlafengehen hin, um das aufzuschreiben, was ich für wesentlich hielt. Als am 13. Dezember 1981 der Kriegszustand von der Jaruzelski-Equipe ausgerufen wurde, der zum Verbot von Solidarność führen sollte, verließ ich meine Wohnung, um anderswo zu übernachten und abzuwarten, was sich tun würde. Als aktives Solidarność-Mitglied konnte ich damit rechnen, so wie andere interniert zu werden. Für mein Tagebuch stellte dies eine neue Situation dar, denn es konnte einer Hausdurchsuchung zum Opfer fallen. Ich gab daher von nun an jedes beschriebene Blatt außer Haus. Es war alles so neu, was ich in dieser Zeit erlebt bzw. miterlebt hatte. Ein Land versuchte auf friedliche Weise, sich von einem System zu befreien, das ein großer Teil seiner Bevölkerung für fremd, von außen oktroyiert erachtete. Es mißlang zwar fürs erste, aber es hatte Folgen, die von heute aus gesehen kolossal waren. Diese friedliche, sechzehn Monate währende Revolution trug wesentlich zum Niedergang des Sowjetsystems bei, wenngleich das Ergebnis ein anderes ist, als man es sich in Polen 1980/1981 vorstellte.
|