In den letzten Jahrzehnten haben Deutschlands Teilung und die darauf folgende Wiedervereinigung die Art und Weise beeinflusst, wie die Geschichte des Landes verstanden wird, wobei östlich und westlich geprägte Erzählungen zu einer neuen Geschichtsschreibung verschmolzen. Die verschiedenen Sichtweisen auf das Leben und den Tod der jüdisch-deutschen Kommunistin Olga Benario, der Lebensgefährtin des brasilianischen Freiheitskämpfers Luis Carlos Prestes, dienen der deutschen Autorin Dea Loher in diesem Zusammenhang als aussagekräftige Fallstudie. In ihrem Theaterstück Olgas Raum (1994) werden die leeren Wände der Bühne genutzt, um auf ihnen Geschichte, Geschichten und Mythen zu projizieren, bevor die Figuren durch ihre eigenen tragischen Fehler diese Entwürfe dekonstruieren. Dabei werden die Konstruktionsmechanismen, die hinter der Entstehung von Geschichte und Geschichten liegen, enthüllt. Das Publikum wird so in eine aktive Rezipientenrolle gedrängt, nicht zuletzt wenn es mit dem leeren Raum, den Olga und die anderen Akteure nach einander verlassen, alleingelassen wird. Eine Flucht in den Mythos ist nicht mehr möglich in Anbetracht der Erkenntnis, dass Gewalt und allgemeine Fehlbarkeit zutiefst menschlich sind. Over the past few decades, Germany's division and subsequent unification have altered he way the country's history is understood, with Eastern and Western narratives needing to merge into a new master narrative. The different accounts of the life and death of the Jewish-German communist Olga Benario, partner of the Brazilian freedom fighter, Luis Carlos Prestes, serve as a powerful case study for Germany's author Dea Loher. In her theatre play Olga's Room (1994) the empty stage walls are used in such a way as to serve as a screen for history, her stories and myths, before the actors deconstruct these walls themselves by disclosing their own tragic flaws. In the process, the construction mechanisms that lie behind the history and stories are revealed. The audience is thereby pushed into an active reception role, not least when left with the empty space which Olga and the other actors leave one by one. Escapism into a myth is no longer possible; after all, the realisation that violence and general fallibility are profoundly human prevents this folly.
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