Subjekt im Aufbruch. Transnationale Wiederaufnahmen von Goethes Werther
Upheavals of the Self. On the Transnational Reception of Goethe's Werther
Internationale Tagung am Freien Deutschen Hochstift
Frankfurt am Main, 20. und 21. September 2024
Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
Bei Johann Wolfgang Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werthers handelt es sich um den ersten internationalen Welterfolg mit moderner Kontur. Die Tagung möchte das Wissen über ein frühes Beispiel der ‚Weltliteratur‘ erweitern und analysieren, unter welchen Umständen Goethes Werther auch in hierzulande unbekannteren Kontexten seine breitenwirksame ‚Wiederaufnahme‘ erfährt. Eine internationale Expertise widmet sich den verschiedenen Erscheinungsformen von Werther u. a. in Ägypten, Brasilien, China, Italien, Japan, Russland und Spanien, um neben den kulturspezifischen Akzentveränderungen auch strukturelle und kontextuelle Analogien zu erfassen. Beispielsweise entsteht eine Werther-Begeisterung nicht nur im China der 1920er Jahre, sondern nahezu zeitgleich auch im arabischen Sprachraum, womit es eine ‚kulturelle Synchronizität‘ zu erklären gilt.
Unter welchen Umständen demnach die „Brandraketen“ zünden, die Goethe in seinem Roman entdeckt hat, gilt es mit Gewinn sowohl für die germanistische Goethe-Forschung als auch für das komparatistische Verständnis von Weltliteratur zu differenzieren. Dabei bietet eine Leithypothese erste Orientierung: Werther-Wiederaufnahmen entfalten ihre Zugkraft vor allem in politischen Umbruchsphasen, in denen neuartige Formen von Subjektivität, losgelöst von brüchig gewordenen Normensystemen, ausgelotet werden. Damit rückt der Briefroman in die Nähe einer politischen Romantik, deren ‚Familienähnlichkeiten‘ die Forschung mit Blick auf Goethe beschäftigt hat und unter dessen Label Werther international diskutiert wird.
Programm
10.00–10.15 Uhr Werther und die Welt: Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. Anne Bohnenkamp-Renken (Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt), Dr. Raphael Stübe (Goethe-Universität Frankfurt)
10.15–11.15 Uhr Werther in Italien: Im Herzen des 20. Jahrhunderts
Prof. Dr. Gabriella Catalano (Università degli Studi di Roma II, „Tor Vergata“)
11.30–12.30 Uhr: Werther in Spanien: Geschichte einer eigennützigen ideologischen Lesart, die kaum literarisch war
Prof. Dr. Helena Cortés Gabaudan (Universidad Vigo)
12:30 – 14:00 Mittagspause
14:00 – 15:00 Uhr Werther in Brasilien: Zwischen „Lazarett-Poesie“ und sozialer Anklage
Prof. Dr. Marcus Mazzari (Universidade de São Paulo)
15:00–16:00 Uhr Werther in Westafrika: Neue Formen entkolonialisierter Subjektivität
PD Dr. Nadjib Sadikou (Europa-Universität Flensburg)
16:00 – 16:30 Uhr Kaffeepause
16:30 – 17:30 Uhr Werther in der arabischen Welt: Das Arabeske im Aufbruch: Transnationale Resonanzen von Goethes Werther in der arabischen Welt
Dr. Mounia Alami (Universität Sidi Mohamed Ben Abdelah Fès, Marokko)
Samstag, 21.9.2024
10.00–11.00 Uhr Werther in Russland: „Kein Luther, kein Werther, es geht hier alles den Bach runter …“
Dr. Marina Koreneva (Berlin, vorher St. Petersburg)
11:00–12:00 Uhr Werther in Japan: Übersetzungen und literarische Bearbeitungen
Prof. Dr. Aeka Ishihara (The University of Tokio)
12:30 – 13:00 Kaffeepause
12.30–13.30 Uhr Werther in China: Das „Werther-Fieber“ in den 1920er und 1930er Jahren
Dr. Chen Li (Shanghai International Studies University)
13:30 Uhr Abschluss der Tagung
Weitere Informationen und Anmeldung unter: https://freies-deutsches-hochstift.de/besuch/termine/-/zur-internationalen-rezeption-werther/1388/2024-09-20/1965