(Re-)Penser le libéralisme: Les Idées d'Europe (1900-1950)
Das vom CIERA (Centre interdisciplinaire d'études de recherches sur l'Allemagne) geförderte internationale Kooperationsprojekt zwischen der Universität Heidelberg, der Sorbonne Université und der Università Ca'Foscari befasst sich mit Europa-Ideen, die in den Jahren 1900–1950 entstanden sind, insbesondere jedoch mit den philosophischen Ursprüngen, intellektuellen Konstellationen und literarischen Kontexten dieser Ideen. Zu diesem Zweck werden fiktionale, essayistische und weltanschauungsliterarische Texte analysiert, die die Reflexion über Europa, den Liberalismus und die Demokratie in einen größeren Zusammenhang mit Kulturdiagnosen der Moderne stellen. Gerade in der Zwischenkriegszeit zirkulieren nicht nur friedvolle und demokratische Europa-Ideen, sondern auch solche, die auf den Untergang der Imperien 1918 mit kontinentalen Größenphantasien reagieren, die keinesfalls als demokratische Vorläufer der EU gelten können, sondern antiliberale und autoritäre Europa-Konzepte entwickeln, die von der Literatur nicht nur aufmerksam beobachtet und kommentiert, sondern teils auch in ihr entworfen werden. Wenn sich Schriftsteller kurz nach 1918 für ‚Europa‘ engagierten, so verstanden sie unter ‚Europa‘ oft etwas anderes als das, was ihnen politisch korrekte Europa-Enthusiasten der 1990er Jahre dann anachronistisch gern an demokratischen und ‚westlichen‘ Absichten unterlegten. Deutschsprachige Europa-Ideen nach dem Versailler Vertrag waren aber keineswegs immer westlich konzipiert.
In den 1920er Jahren stießen die europäischen Initiativen zweier Österreicher auf großen Widerhall bei Intellektuellen und Schriftstellern. Richard Coudenhove-Kalergi gründete seine Paneuropa-Bewegung und Karl Anton Rohan startete das Konkurrenz-Unternehmen der europäischen Kulturbünde mit der Zeitschrift der Europäischen Revue. Coudenhove-Kalergi und Rohan waren Fürsprecher eines konservativen, antidemokratischen, ständisch sortierten, dem alten Reichs-Gedanken verpflichteten und katholisch überwölbten Europa. Europabegeistert waren in der Zwischenkriegszeit zudem auffällig oft Adlige, die nach den revolutionären Unruhen am Kriegsende in den europäischen Ländern nach alten übernationalen Ordnungen und ihrer Reformierbarkeit fragten. Bis zum Adelsaufhebungsgesetz von 1919 in Österreich war Coudenhove-Kalergi Graf und Karl Anton Rohan Prinz gewesen.
Ein erste Projekttreffen findet am 6./7.Dezeber in Paris an der Sorbonne Université statt. Veranstalter sind Prof. Dr. Olivier Agard (Sorbonne Université), Prof. Dr. Barbara Beßlich (Universität Heidelberg), Prof. Dr. Cristina Fossaluzza (Università Ca'Foscari)
Programm:
Vendredi 6 décembre 2019
Centre Malesherbes | 108, Boulevard Malesherbes, 75017 Paris
Salle 126 (14h-18h30)
14h00 | ACCUEIL : Olivier Agard / Barbara Beßlich / Cristina Fossaluzza |
Présidente de séance : Cristina Fossaluzza (Université Ca’ Foscari) | |
14h15-15h00 | Olivier Agard (Sorbonne Université) |
15h00-15h45 | Barbara Beßlich (Université de Heidelberg) |
15h45-16h15 | Pause café |
Président de séance : Olivier Agard (Sorbonne Université) | |
16h15-17h00 | Cristina Fossaluzza (Université Ca’Foscari, Venise) |
17h00-17h45 | Frédéric Attal (Université Polytechnique hauts-de France) |
17h45-18h30 | Maurizio Pirro (Université de Bari) |
Samedi 7 décembre 2019
Centre Malesherbes | 108, Boulevard Malesherbes, 75017 Paris
Salle 119 (9h00-13h00)
Présidente de séance : Barbara Beßlich (Université de Heidelberg)
9h00-09h45
Tillmann Heise (Université de Heidelberg)
Intellektuelle Gemengelagen und europäischer Antiliberalismus. Der Wiener Kulturbundkongress 1926.
09h45-10h30
Gabriele Guerra (Université Sapienza de Rome)
Eine Pathosformel für das Europäische Bildungsbürgertum. Deutscher Geist in Gefahr von Ernst Robert Curtius (1932).
10h30-11h00
Pause café
Président de séance : Olivier Agard (Sorbonne Université)
11h00-11h45
Anne Kraume (Université de Constance)
Europa und die ‘kulturelle Verspätung Spaniens’ bei Ernst Robert Curtius und Américo Castro. Anmerkungen zu einer freundschaftlichen Debatte.
11h45-12h30
Tristan Coignard (Université Bordeaux-Montaigne)
Comment faire émerger une « Internationale libérale du droit » ? Etat d’anarchie et guerre entre nations européennes selon Théodore Ruyssen.
12h30-12h45
Discussion