Kanonisierungspraktiken im Literaturstudium, Göttingen
›Der‹ Kanon scheint sich derzeit in einem delikaten Schwebezustand zu befinden: Nach einer Phase scharfer Kritik in den 70er- und 80er-Jahren, in deren Folge er wenigstens im akademischen Feld fast völlig verschwand, befindet er sich seit rund drei Jahrzehnten in einem Aufwind, der ihn nicht nur ins Feuilleton, sondern auch zurück an die Universitäten getragen hat. Das aber wohlgemerkt in veränderter Gestalt, die immer deutlicher zu vernehmenden Forderungen und Wünschen nach einer Diversifizierung ›des‹ Kanons beziehungsweise nach der Bildung gruppenspezifischer Kanones entspringt – Kanon ja, aber Kanon nein. Auf welche Weise die kanonisierungsrelevanten philologischen und literaturwissenschaftlichen Institutionen des Literaturstudiums auf diesen nicht im strengen Sinne widersprüchlichen, mindestens aber im Umgang einiges Fingerspitzengefühl verlangenden Schwebezustand reagieren, lautet die Frage, die im Zentrum der Tagung steht.
Programm:
Donnerstag, 22. Februar 2024
13:00-13:15 Begrüßung und Eröffnung
13:15-14.00 Jana Eckardt und Julia Wagner (Göttingen). „Auf keinen Fall ist eine Einengung oder Kanonisierung intendiert.” Empirische Auswertungen von universitären Leselisten
14:00-14:45 Agnes Hilger (Würzburg). Kanonizität quantitativ: eine computergestützte Exploration von Kurskatalogen in Germanistikstudiengängen
14:45-15:00 Kaffeepause
15:00-15:45 Emmanuel Heman (Basel). Lieber kurz als lang. Textumfang als Kanonisierungsfaktor im Literaturstudium
15:45-16:30 Iris Meinen (Koblenz). Zur Sichtbarkeit und diskursiver Konstruktion von Autorinnen in wissenschaftlichen Abschlussarbeiten
16:30-17:15 Claudia Stockinger (HU Berlin). (Wie) geht Kanon heute?
17:15-17:45 Kaffeepause
17:45-19:45 Podiumsdiskussion: Auswählen, Einbinden, Reflektieren, Kritisieren. Verhaltensweisen zum Kanon im Literaturunterricht. Mit Silke Kubik (Göttingen), Urania Milevski (Bremen), Leonie Trzeba (Göttingen) und Johanna von der Fecht (Göttingen). Moderation: Simone Winko (Göttingen)
20:15 Gemeinsames Abendessen
Freitag, 23. Februar 2024
9:30-10:15 Florian Hesse (Jena) und Jennifer Witte (Osnabrück). Der Einfluss von Lektürelisten auf literatur- und lesebezogene Orientierungsmuster von Germanistikstudierenden. Eine Annäherung über Gruppendiskussionen
10:15-11:00 Sandra Binnert (Frankfurt a. M.) und Felix Luckau (Gießen). Studentischer Buchclub – ein Best-Practice Beispiel?
11:00-11:45 Sandra Beck und Regine Zeller (Mannheim). Leseliste 2.0 oder: Digitale Kanonvermittlung am Rande des Chaos
11:45-12:45 Mittagspause
12:45-13:30 Frederik Eicks und Sören Kleist (Göttingen). Die Göttinger Leseliste – The Definitively Momentary Edition. Literaturgeschichtliche Vermittlung vs. ‚posthistorisches Gleiten‘
13:30-14:15 Charleena Schweda (Erlangen-Nürnberg). Zwischen Diversifizierung und Eingrenzung Schwierigkeiten bei der Umsetzung eines queeren Kanons
14:15-15:00 Myriam Isabell Richter (Hamburg) und Mike Rottmann (Düsseldorf). Kanon als Radar(falle?) literaturwissenschaftlicher Praxis
15:00-15:15 Kaffeepause
15:15-16:30 Abschlussdiskussion
Organisation: Jana Eckardt, Frederik Eicks, Sören Kleist, Julia Wagner, Simone Winko
Contact Information
Julia Wagner (juliaalina.wagner@stud.uni-goettingen.de)
URL
https://www.uni-goettingen.de/de/aktuelles/72777.html
Attachments
tagungsprogrammkanonisierungspraktikenimliteraturstudiumgottingen.pdf