Gespenster. Genossen in Zeit und Raum, Budapest
Gespenster. Genossen in Zeit und Raum
23.-25. September 2021
Károli Gáspár Universität, Raum „Csekonics“ Reviczky utca 6, 1088 Budapest
Veranstalter: Károli Gáspár Universität Budapest, Lehrstuhl für Deutsche Sprache und Literatur; ELTE Budapest, Lehrstuhl für Deutschsprachige Literaturen und Lehrstuhl für Ästhetik
Donnerstag, 23. September
Mediatisierte Gespenster
14.15 Szilvia Gellai (Wien) – Dominik Schrey (Passau): Gespenster im Glashaus. Raum- und medientheoretische Reflexionen über die Heimsuchung
15.00 Katalin Teller (Budapest): Die Heimsuchung der Blindheit im Hörspiel
16.15 Christoph Leitgeb (Wien): Von Schauspielern und Gespenstern in Thomas Bernhards Kurzprosa
17.00 Edit Király (Budapest): Lost Places: gespenstische Topografien
19.00 Vorführung des Films Das Testament des Dr. Mabuse (D, 1933, Fritz Lang) mit Diskussion, eingeleitet und moderiert von Dominik Schrey (Passau) am Goethe Institut (Ráday utca 58, 1092 Budapest)
Freitag, 24. September
Phantastik, Science Fiction, Krimi: Figurationen der Ideologiekritik
9.15 Hans Richard Brittnacher (Berlin): Gespenster und mythische Wesen als Helferfiguren in Guillermo del
Toros Film Pans Labyrinth
10.00 Roland Innerhofer (Wien): Halbleben in Kaltpackung. SF als Gespenstergeschichte am Beispiel von Philip K. Dicks UBIK
10.45 Szilvia Ritz (Szeged): Vergangene Verbrechen im Krimi von heute. Volker Kutschers Gereon-Rath-Romane und die Serie Babylon Berlin
Schwierige Erbschaften
12.00 Miklós Fenyves (Budapest): Das Gespenstische in Stefan Hertmans’ historischen Romanen
12.45 Anita Czeglédy (Budapest): „Zeigt niemals dem Kinde, daß es Haß, Neid und Rache gibt.“ Last der Vergangenheit und Verantwortung vor der Zukunft in Monika Marons Prosatexten
Österreich, unheimlich
15.30 Alexandra Millner (Wien): Lebendige Tote, tote Lebende. Das Gespenstische bei Albert Drach
16.15 Edit Kovács (Budapest): Heimsuchung durch Literatur. Subversives im Roman Ludwigs Zimmer von Alois Hotschnig
18.30 Lesung von Alois Hotschnig aus Ludwigs Zimmer und Der Silberfuchs meiner Mutter, moderiert von Edit Kovács (Budapest) in Három Holló (Piarista köz 1, Eingang von Szabad sajtó út, 1052 Budapest)
Samstag, 25. September
Kundiger Umgang mit Gespenstern
10.00 Michael Rohrwasser (Wien): Johann Peter Hebels Gespensterkunde
10.45 Monika Mańczyk-Krygiel (Wrocław): Widerspenstige Stimmen? Zur Darstellung weiblicher Gespenster in der Kinder- und Jugendliteratur deutschsprachiger Autorinnen
12.00 Résumé von Márió Z. Nemes und Schlussdiskussion
Das Gespenst als Verkörperung und Metapher des Übergangs, des Dazwischens und der Wiederkehr spielt, nicht zuletzt infolge der Aufwertung des Begriffs durch die poststrukturalistische Philosophie, im kulturellen Schaffen der Gegenwart eine eminente Rolle. Gleichzeitig handelt es sich dabei auch um die Wiederkehr alter Gespenster im neuen Gewand, zumal das Gespenst eine der ältesten Figuren der Kulturgeschichte überhaupt ist, und die Heimsuchung durch das Gespenst eine Denkfigur, an der die wechselseitige Verschränkung von Philosophie und der Künste festgemacht werden kann (E. Bronfen).
Dem Gespenst haften Züge an, die es zu einer Reflexionsfigur der menschlichen Existenz und deren Darstellungen machen: Es steht an der Schwelle zwischen Leben und Tod, weder dem einen, noch dem anderen Bereich gänzlich zugehörig, und erinnert unausgesetzt nicht bloß an unsere Sterblichkeit, sondern auch an die Notwendigkeit der Vermittlung zwischen den beiden Bereichen oder aber gerade an die Schwierigkeit ihrer strikten Unterscheidung. In dieser Eigenschaft ist es auch eine Figur des Dritten, die die binären Oppositionen unterläuft und gewohnte Denkmuster erschüttert. Ein Gespenst ist weder ein Mensch noch kein Mensch und zeigt dadurch eine wesentliche Analogie mit dem Als-Ob-Charakter literarisch-künstlerischer Figuren und Welten. Gespenster lassen die Zeit „aus den Fugen geraten“ und suggerieren eine Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, eine Durchlässigkeit von Zeiträumen und stellen dadurch die Gegenwart als eine raumzeitliche Ordnung aus, in der „die Last der Vergangenheit mit der Verantwortung vor der Zukunft konvergiert“ (Ch. Sternad).
Die Konferenz fokussiert auf die literarische, filmische und theoretische Aktualität des Themas in erster Linie im Bereich der deutschsprachigen Gegenwartskultur. Die Analyse von literarischen Werken, Filmen, theoretischen und kulturwissenschaftlichen Debatten, die sich mit dem Gespenstischen unserer Tage beschäftigen, sich entweder einer „Politik des Gedächtnisses“ (J. Derrida) verschreiben oder die Unheimlichkeit des Gespenstischen als eine Ausdrucksform diffuser kollektiver Ängste darstellen, steht im Mittelpunkt der Konferenz, die damit das Gespenst als interdiskursives, mehrere Wissensgebiete, künstlerische Formen und alltagskulturelle Praktiken umfassendes Phänomen konturieren will.
Die Tagung wird vom Lehrstuhl für Deutsche Sprache und Literatur an der Károli Gáspár Universität (Edit Kovács), vom Lehrstuhl für Deutschsprachige Literaturen (Edit Király) und vom Lehrstuhl für Ästhetik der Eötvös-Loránd-Universität (Katalin Teller) in Budapest in Kooperation mit dem Institut für Germanistik der Universität Wien (Roland Innerhofer) organisiert.
Mit der Unterstützung von: Österreichisches Kulturforum Budapest, Goethe Institut Budapest, Stiftung Aktion Österreich Ungarn