Die Kunst der Eröffnung. Ästhetik und Kulturpoetik von Vorreden und Festspielen für deutschsprachige Theater vom 17. Jahrhundert bis heute
Université de Lausanne, Géopolis
Organisation: Clemens Özelt, Hans-Georg von Arburg
https://agenda.unil.ch/display/1557130135702
Gebäude, Vereine oder Veranstaltungen werden meist mit Reden eröffnet, selten jedoch mit besonders kunstvollen. Bei der Eröffnung von Theatern verhält es sich anders, wollen doch die Verantwortlichen dem Publikum in der Regel einen ersten Eindruck von der dramatischen Kunst des Hauses vermitteln: Gelungene Eröffnungsprologe und Festspiele sind deshalb kompakte, poetisch dargebrachte Formen der Literaturtheorie, die auch ein Publikum erreichen, das sich sonst nicht mit dramaturgischen Fragen auseinandersetzt. Als Formen mit eigener Rhetorik und Geschichte wurden Vorreden und Festspiele von der Literaturwissenschaft bislang kaum wahrgenommen, obwohl sich immer wieder die prominentesten Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Epochen daran versucht haben: Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller in Weimar, Gottfried Keller und Conrad Ferdinand Meyer in Zürich, Hugo von Hofmannsthal und Peter Altenberg in Wien.
Die Veranstaltung widmet sich ausgewählten Prologen und Vorspielen, die anlässlich der Eröffnung oder Wiedereröffnung deutschsprachiger Bühnen vom 17. Jahrhundert bis heute entstanden sind, und möchte durch close readings erstmals Einblick in Regelmäßigkeiten und Gestaltungsmöglichkeiten dieser gebrauchsliterarischen Form gewinnen. Prologe und Vorspiele sind an einer neuralgischen Übergangszone platziert: zwischen dem Theater als Institution und dem Drama als Text, zwischen Realität und Fiktion, dem Publikum und den Schauspielenden, zwischen dem Raum und der Zeit der Aufführung und dem Raum und der Zeit des nachfolgenden Stücks usw. Das qualifiziert sie in besonderer Weise als Reflexionsmedien für die gattungsspezifische Ästhetik und Kulturpoetik dramatischer Texte in ihrem historischen und sozialen Kontext.
Programm
Donnerstag, 26. September 2019
Gebäude: Géopolis, Raum: 2207
13.00 Einführung
13.30 Bernhard Jahn (Hamburg)
Christian Richter, Johann Theile: Der erschaffene/gefallene und auffgerichtete Mensch (Hamburg, Oper am Gänsemarkt, 1678)
14.30 Beate Hochholdinger-Reiterer (Bern)
Prolog, gesprochen von Madame Löwen (Hamburgischen Entreprise, 1767), Anrede an das Publikum, gesprochen von Frau Huberin (Wien, Theater am Kärntnertor, 1769)
15.30 Pause
16.00 Lily Tonger-Erk (Tübingen)
Friedrich Schiller: Prolog zu Wallensteins Lager (Weimar, Schaubühne, 1798)
17.00 Bernice Fillafer-Kaminskij (Wien)
Emanuel Schikaneder: Thespis Traum (Theater an der Wien, 1801)
18.00 Pause
18.30 Hannah Fissenebert (Berlin)
Ludwig Tieck: Prolog zur Eröffnung des Theaters in Dresden (1827)
20.00 Abendessen
Freitag, 27. September 2019
Gebäude: Géopolis, Raum: 2121
08.30 Martin Schneider (Hamburg)
Karl Gottlieb Prätzel: Prolog zur Eröffnung der neuen Schaubühne in Hamburg (1827)
09.30 Stefanie Leuenberger (Zürich)
Carl Spitteler: Festspiel zur Eröffnung des neuen Stadttheaters in Zürich (1891)
10.30 Pause
10.45 Philipp Ramer (Genf)
Peter Altenberg: Prolog zur Eröffnung des Kabarett Fledermaus (Wien, 1907)
11.45 Werner Michler (Salzburg)
Hugo von Hofmannsthal: Das Theater des Neuen (Wien, Josefstadt, 1926)
12.45 Pause
13.15 Hans-Georg von Arburg (Lausanne)
Egon Friedell: Prolog vor dem Film (Berlin, U. T. Friedrichstraße, 1913)
14.15 Abschluss
Kontakt: clemens.ozelt@unil.ch