Der Erste Weltkrieg: Erinnerungskulturen in Deutschland und Australien
Call for Papers
Internationale und interdisziplinäre Tagung (Deutsch/Englisch)
Der Erste Weltkrieg: Erinnerungskulturen in Deutschland und Australien
09.–11. Dezember 2021 an der Universität Regensburg
Hybrid-Tagung/Online-Tagung (abhängig von der weiteren Entwicklung der Pandemie)
Der 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs 1918 hat die Erinnerung daran wieder in die Öffentlichkeit gebracht. Im deutsch-australischen Vergleich stachen dabei vor allem die verschiedenen Arten des Umgangs mit der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg heraus, was die unterschiedliche Bedeutung dieses gemeinsam erlebten historischen Ereignisses für das Nationalbewusstsein der beiden Länder verdeutlicht. In Deutschland gilt das Ende des Ersten Weltkriegs einerseits als „Geburtsstunde der Demokratie“, andererseits waren die Narrative, die in der unmittelbaren Nachkriegszeit entstanden, zum Teil ideologische Wegbereiter für die NS-Diktatur, weshalb der Erste Weltkrieg sehr lange nur als Vorläufer des Zweiten Weltkriegs gesehen wurde. Dies ist in Australien anders. Hier gilt der „Große Krieg” als Auslöser eines spezifisch australischen Nationalbewusstseins, das der noch relativ jungen Nation eine eigene, vom Britischen Imperium unabhängige Identität verliehen hat. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Erinnerungskulturen der beiden Länder, die in den Gedenkfeiern 100 Jahre nach dem Ende des Kriegs noch einmal einen Höhepunkt hatten. In Deutschland werden vor allem die Spannungsfelder zwischen Krieg und Frieden bzw. zwischen autokratischer und demokratischer Staatsform betont und in Narrative der europäischen Annäherung und Zusammenarbeit integriert. In Australien ist hingegen eine Instrumentalisierung des Gedenkens zu beobachten, die das Vermächtnis der ANZAC-Truppen (Australian and New Zealand Army Corps) als Gründungsmythos Australiens etabliert und versucht, Werte wie Heldentum, Kameradschaft und Opferbereitschaft ins Zentrum der nationalen Identität zu stellen. Repräsentativ tritt dieser Unterschied im Umgang mit den in ihrem katastrophalen Scheitern sehr ähnlichen Offensiven von Verdun und Gallipoli zutage. Denn während der Erinnerungsort Verdun in Deutschland als „Menschenmühle an der Maas“ (Ettighoffer) für die Unmenschlichkeit industrialisierter Kriegsführung steht, gilt Gallipoli in Australien als Inbegriff von Tapferkeit und Heldentum im Angesicht einer ausweglosen Situation.
Die Tagung möchte die verschiedenen Perspektiven und Mentalitäten verstehen, die diese Erinnerungskulturen bis heute dominieren. Dazu ist es von entscheidender Bedeutung, die Rollen zu rekonstruieren, die die verschiedenen kulturellen Medien bei der Bildung der Erinnerungskulturen in Australien und Deutschland gespielt haben und aktuell immer noch spielen. Mögliche Beiträge der Tagung könnten untersuchen, welche Medien verwendet werden, welche Bildwelten entstehen, wie sie generiert und kommuniziert werden, wie sich die Erinnerungskultur und die Bedeutung des Ersten Weltkriegs für die nationale Erzählung in den letzten 100 Jahren in beiden Ländern entwickelt haben oder allgemein, wie Erinnerung und Erinnerungskultur produziert und rezipiert wird. Die Tagung will dazu einen interdisziplinären Ansatz verfolgen, der die Analyse von literarischen Darstellungen, Medienberichten, Theaterproduktionen, Kunstausstellungen, Kriegsdenkmälern, aber auch Biographien von Schlüsselfiguren in Australien und Deutschland gleichermaßen umfassen soll.
Wir freuen uns, schon jetzt bekannt geben zu können, dass mit Prof. Dr. em. Helmuth Kiesel von der Universität Heidelberg und Dr. Brad West von der University of South Australia zwei auf dem Gebiet der Erinnerung und Verarbeitung des Ersten Weltkriegs renommierte Experten die Konferenz mit ihren Keynote-Präsentationen einrahmen werden.
Die Tagung, die aus einer internationalen Kooperation zwischen den Universitäten Regensburg und Melbourne hervorgeht, findet vom 09.–11. Dezember 2021 in Regensburg als Hybrid-Tagung bzw. als komplette Online-Tagung (wird in Abhängigkeit der Pandemielage noch bekannt gegeben) statt. Vorschläge für einen Vortrag im Umfang von maximal 30 Minuten können bis 12. Mai 2021 auf Deutsch oder Englisch eingereicht werden und die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg aus deutscher, australischer oder komparatistischer Perspektive beleuchten. Sie sollten sich mit den oben genannten Fragestellungen befassen oder Perspektiven beisteuern, die diese bereichern und erweitern. Es sind dabei ausdrücklich Beiträge aus allen geistes- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen (z.B. Sprach-. Literatur-, und Kulturwissenschaften, Politik- und Geschichtswissenschaften, Philosophie, Psychologie, Soziologie und dergleichen) und aus beiden nationalen Kontexten erwünscht, um der Multiperspektivität öffentlichen Gedenkens gerecht zu werden. Reise und/oder Übernachtungskosten von Referent*innen werden im Falle einer Hybrid-Tagung nach Möglichkeit übernommen.
Abstracts im Umfang von 250-400 Wörtern senden Sie bitte bis 12. Mai 2021 an cultures.of.remembrance@gmail.com.
Call for Papers
International and interdisciplinary conference (German/English)
The First World War: Cultures of Remembrance in Germany and Australia
09-11 December 2021 at the University of Regensburg
Hybrid conference/online conference (depending on the further development of the pandemic)
The 100th anniversary of the end of the First World War in 1918 has brought the remembrance of the war back into the public view. In a German-Australian comparison, the ways in which the First World War is remembered are strikingly different, which illustrates the different significance that this jointly experienced historical event has for the national consciousness of the two countries. In Germany, the end of the First World War is, on the one hand, commonly considered the “birth of democracy”. On the other, the narratives that emerged in the immediate post-war period were partly ideological precursors for the Nazi dictatorship, which is why the First World War was only regarded as a precursor to the Second World War for a very long time. This is different in Australia, where the “Great War” is seen as a trigger for a specifically Australian consciousness, an important step in the formation of a nation independent from the British “mother country”. Accordingly, the two countries’ respective cultures of remembrance are also different, which can be observed in the commemorations 100 years after the end of the war. In Germany it is above all the tension between war and peace or between autocratic and democratic forms of government that are emphasised and integrated into narratives of European rapprochement and cooperation. In Australia, by contrast, an instrumentalisation of commemoration can be observed. The legacy of the ANZAC troops (Australian and New Zealand Army Corps) serves as Australia’s founding myth, with values such as heroism, comradeship, and the willingness to make sacrifices being placed at the centre of national identity. This difference can be observed in the contrasting ways in which the two nations commemorate the offensives of Verdun and Gallipoli, which were very similar in their catastrophic failure. While Verdun is remembered in Germany as a “Menschenmühle an der Maas” [human mill on the Meuse] (Ettighoffer), standing for the inhumanity of industrialised warfare, Gallipoli is seen in Australia as the epitome of bravery and heroism in the face of a hopeless situation.
The conference wishes to explore the different perspectives and mentalities that dominate these cultures of remembrance to this day. To do so, it is crucial to understand the roles that the various cultural media have played and continue to play in the formation of cultures of remembrance in Australia and Germany. Contributions to the conference could examine which media are used, which images emerge, how they are generated and communicated, how the culture of remembrance and the significance of the First World War for the national narrative have developed in the last 100 years in both countries or, in general, how remembrance and cultures of remembrance are produced and received. The conference will take an interdisciplinary approach, including the analysis of literary representations, media reports, theatre productions, art exhibitions, war memorials, as well as biographies of key figures in Australia and Germany.
We are pleased to announce that Emeritus Professor Helmuth Kiesel from the University of Heidelberg and Dr. Brad West from the University of South Australia, two renowned experts in the fields of First World War literature and World War I commemoration, will frame the conference with their keynote presentations.
The conference, which is the result of an international cooperation between universities in Regensburg and Melbourne, will take place from 9-11 December 2021 in Regensburg as a hybrid conference or as a completely online conference (to be announced depending on the pandemic situation). Proposals for a presentation of maximum 30 minutes may be submitted in German or English by 12 May 2021, to illuminate the commemoration of the First World War from a German, Australian, or comparative perspective. They should address the above-mentioned questions or expand upon and enrich them by contributing new perspectives. Contributions from all disciplines of the humanities and social sciences (e.g. linguistics, literary and cultural studies, political science and history, philosophy, psychology, sociology and the like) and from both national contexts are particularly welcome in order to do justice to the multi-perspectivity of public commemoration. If possible, travel and/or accommodation costs of speakers will be covered in the case of a hybrid conference.
Please send Abstracts of 250-400 words to cultures.of.remembrance@gmail.com by 12 May 2021.